„Geht mir aus der Sonne! – Wege aus der Bevormundung“

25. März 2022 – Im Dezember 2021 ist im Holzinger-Verlag das Buch “Geht mir aus der Sonne! Wege aus der Bevormundung” erschienen. Das Buch wird von Kurt Kowalsky herausgegeben, der selbst einer von mehreren Mitautoren ist. Wir führten ein Interview mit dem Mitautor Andreas Tögel, der bereits zahlreiche Beiträge zur Österreichischen Schule publizierte, wovon viele auch auf Misesde.org erschienen sind.

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Andreas Tögel

LvMID: Sehr geehrter Herr Tögel, Sie haben zusammen mit namhaften Autoren aus Bereichen wie etwa Ökonomie, Sozialphilosophie und Rechtswissenschaften ein Buch geschrieben mit dem Titel: „Geht mir aus der Sonne! – Wege aus der Bevormundung“. Mitwirkende waren außer Ihnen Professor Dr. Hans-Hermann Hoppe, Professor Dr. David Dürr, Professor Dr. Antony Mueller, Stefan Blankertz und Kurt Kowalsky. Wie ist es zur Idee für dieses Buch gekommen und wie hat sich das „Autoren-Team“ gefunden?

Tögel: Den Anstoß dazu hat der Herausgeber und Verleger, Kurt Kowalsky, gegeben. Soweit mir bekannt, hat er Professor Hoppe, von dem er bereits Bücher veröffentlicht hat, gefragt, wen er als Co-Autoren für dieses Projekt vorschlagen würde. Und da ist seine Wahl eben auf einige der „üblichen Verdächtigen“ aus dem Kreis der Libertären gefallen. Ich bin nicht sicher, ob Herr Blankertz und Herr Kowalsky bereits eine der Konferenzen von Hoppes „Property And Freedom Society“ in Bodrum besucht haben. Alle übrigen Autoren waren schon dort und haben einander bei einer dieser Gelegenheiten kennengelernt.

LvMID: Die Beiträge im Buch decken ein weites Spektrum an Themen ab. Von „objektiv begründbarer Moral“ über „Haftung und Verantwortung“ bis hin zu „Sozialpolitik“ und Wegen aus der Bevormundung. Was würden Sie sagen ist der „rote Faden“ des Buches, der die Beiträge verbindet?

Tögel: Die zum Teil scharfe Staatskritik. Für viele Leser überraschend dürfte sein, dass diese Kritik auch von David Dürr, einem Juristen und Rechtsprofessor – und zwar auf dem Boden rechtswissenschaftlicher Argumente – stringent vorgetragen wird. Gewöhnlich neigen Juristen ja, dank ihrer im Studium erhaltenen, rechtspositivistischen Prägung, sehr zu einer unkritischen Staatsgläubigkeit. David Dürr bildet in dieser Hinsicht eine eher seltene Ausnahme.

Allerdings geben sich die Autoren auch hinsichtlich der Vorstellungen und Wünsche einer großen Wählermehrheit keinerlei Illusionen hin. Daraus folgt der von allen Autoren geteilte Befund, dass ohne eine fundamentale Änderung des „Mindsets“ der Bürger kaum eine Umkehr auf dem Weg zur Knechtschaft stattfinden kann und wird.

LvMID: In Ihrem Beitrag geht es um Haftung und Verantwortung, konkret auch um Politikerhaftung. Viele politische Handlungen heute würden – um es sinngemäß mit David Dürr auszudrücken – zivilrechtlich eine – in Deutschland sogenannte – „unerlaubte Handlung“ darstellen. In § 823 Bürgerliches Gesetzbuch heißt es sinngemäß, dass jedermann, der durch Mittel wie Drohung, Zwang, Gewalt oder Täuschung einen anderen schädigt an Leben, Gesundheit, Freiheit oder Eigentum in Bezug auf den entstandenen Schaden haftet.

Wenn also, wie David Dürr meint, gleiches Recht für alle gelten würde und kein Sonderrecht für Amtsträger und politische Akteure, wären politische Maßnahmen, die mit Zwang durchgesetzt werden, unerlaubte Handlungen. Politisches Handeln würde das Einvernehmen der Betroffenen erfordern, sofern es sich nicht lediglich um Verteidigung, Wiedergutmachung oder Vergeltung einer vorangegangen unerlaubten Handlung handelte. Wie darf sich der Leser eine Politikerhaftung also konkret vorstellen?

Und wenn Politiker haftbar gemacht würden, wer sollte dann für den Schaden aufkommen? Hier gibt es Vorschläge in der Debatte um „Politikerhaftung“, die „den Staat“ als denjenigen ansehen, der den Schadensersatz zu leisten hätte; aber dann wären es ja im Endeffekt wiederum die Netto-Steuerzahler, die für den Schaden aufkommen müssten. Also wieder kein „skin in the game“ (persönliches Haftungsrisiko), wie sie schreiben, oder?

Tögel: Die Antwort auf die Frage der Politikerhaftung ist in der Tat schwierig. Grundsätzlich dürfte ja Konsens darüber herzustellen sein, dass es nicht sein darf, dass zwar der kleine Handwerksmeister oder Kaufmann für die Konsequenzen seiner fehlerhaften Entscheidungen haftbar ist, ausgerechnet für Politiker dieser Grundsatz aber nicht gelten soll. Damit es gar nicht erst so weit kommt, muss das Abschreckungspotential hoch und die Strafen daher drakonisch sein. Immerhin ist der durch politische Fehlentscheidungen entstehende Schaden in aller Regel ja um ein Vielfaches größer als der durch unternehmerische Fehlgriffe.

Ein Beispiel: Bundeskanzler Bruno Kreisky war stets ein vehementer Befürworter der Atomkraft. Seine Pro-Atomhaltung war maßgeblich für den Bau eines Atomkraftwerkes in Zwentendorf, nahe Wien. Nachdem sich eine kräftige Anti-AKW-Bewegung gebildet hatte, bekam er plötzlich kalte Füße, weil er um das Wahlergebnis einer bevorstehende Nationalratswahl fürchtete. Er ließ also – zu einem Zeitpunkt, da das Kraftwerk beinahe vollständig fertiggestellt war (nämlich am 5. 11. 1978) – aus rein parteitaktischen Gründen eine Volksabstimmung abhalten, die prompt mit hauchdünner Mehrheit gegen die Inbetriebnahme ausfiel (50,5 gegen 49,5 Prozent der Stimmen bei 64 Prozent Wahlbeteiligung). Der Schaden für den Steuerzahler ging in die hunderte Millionen Schilling. Meiner Meinung nach hätte der Mann für diesen unerhörten Coup wegen fahrlässiger Vernichtung von Volksvermögen für lange Zeit hinter Gitter gehört.

Dass eine einzelne Person (wie z. B. Bruno Kreisky) gewöhnlich nicht in der Lage ist, einen Schaden in der geschilderten Höhe wiedergutzumachen, liegt auf der Hand – zumal es ja meist keine Millionäre in die Politik zieht, sondern eher Personen, denen sich in der „freien Wirtschaft“ keine vergleichbaren Karrierechancen bieten würden. Ob sich private Versicherungsunternehmen bereitfinden würden, derartige Risken zu versichern, ist eine spannende Frage. In jedem Fall sollten abschreckende Strafen sicherstellen, dass schwerwiegende politische Entscheidungen nicht allzu leichtfertig getroffen werden.

LvMID: Zum Abschluss noch die Frage betreffend den Ausblick. Der Titel Ihres gemeinsamen Buches lautet „Geht mir aus der Sonne!“, aber wie Sie bereits oben gesagt haben, ist das „Mindset“ der großen Mehrheit der Menschen heute ein anderes. Die Mehrheit der Menschen scheinen sich nicht für mehr Freiheit zu begeistern, sondern zunehmend für interventionistische und sozialistische Ideen.

Haben wir es dann nicht Ihrer Meinung nach mit einem Dilemma zu tun? Oder denken Sie, dass die – leider denknotwendigen – gesellschaftlichen Krisen, zu denen Interventionismus und Sozialismus führen, früher oder später zu einem „Kurswechsel führen werden?

Tögel: Bereits des Öfteren wurde ich mit dem Vorwurf konfrontiert, die Zukunft zu pessimistisch zu sehen. In der Tat fürchte ich, dass wir es – wie Sie sagen – mit einem Dilemma zu tun haben. Roland Baader hat in seinem letzten Buch gemeint, dass dann, wenn erst einmal mehr als die Hälfte der Bürger direkt oder indirekt vom Staat lebt, der Zug in Richtung Knechtschaft endgültig abgefahren ist. Nun, dieser Zustand ist längst erreicht. Nur noch eine immer kleiner werdende Minderheit fungiert als Financier des Systems, als Nettosteuerzahler. Das verheißt nichts Gutes.

Allerdings gibt es da auch noch die gewaltige Macht des Faktischen. Selbst im sozialdemokratischen Vorzeigestaat Schweden wurde in den frühen 1990er-Jahren ein Punkt erreicht, an dem klar wurde, dass es nicht ausreicht, Wohltaten zu verteilen, sondern dass die auch von jemandem bezahlt werden müssen. Im Lichte dieser Erkenntnis kam es daher zu einem massiven Rückbau der freiheitsfeindlichen Wohlfahrtspolitik. Fazit: Sogar weit linksstehende Politiker sind durchaus lernfähig, wenn es darum geht, ihre Pfründe zu erhalten. Im Angesicht der drohenden Staatspleite und eines damit verbundenen Amtsverlustes kann sich am Ende doch noch etwas zum Guten wenden.

Möglicherweise wird das „Diktat der leeren Kassen“ eine Kurskorrektur einleiten. Denn ad infinitum Geld zu ducken, bringt ebenso wenig eine Dauerlösung, wie laufend die Steuern oder die Verschuldung zu erhöhen. Das zu erkennen, kann man sogar den helleren Köpfen in den Linksparteien und in den Gewerkschaften zutrauen.

Die „Wege aus der Bevormundung“ wurden von den Autoren des Buches ja klar benannt. Dass diese Wege aus freien Stücken eingeschlagen werden, ist allerdings, wie Sie in Ihrer letzten Frage durchblicken lassen, nicht sehr wahrscheinlich. Wollen wir also hoffen, dass die Macht des Faktischen der Sache der Freiheit zu Hilfe kommt.

Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist gelernter Maschinenbauer, ausübender kaufmännischer Unternehmer und überzeugter “Austrian”.

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Hinweis: Die Inhalte der Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Ludwig von Mises Instituts Deutschland wieder.

Titel-Foto: Adobe Stock

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