Energiepreise, Löhne, Mieten: Wenn sich die Politik einmischt, wird es immer schlimmer

Rainer Zitelmann

2. Februar 2022 – von Rainer Zitelmann

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Überall auf der Welt steigen die Preise – die Inflation ist wieder da. Und mit der Inflation kehrt der Ruf nach staatlichen Preiskontrollen zurück. Aber die Geschichte hat gelehrt, dass diese das Problem nicht lösen, sondern tendenziell sogar verschärfen.

Aus Angst vor Protesten gegen steigende Energiepreise hat Frankreich staatliche Höchstpreise festgelegt. Die Türkei ist besonders stark von der Inflation betroffen.

Ein Grund dafür ist, dass selbst der Anschein der Unabhängigkeit der türkischen Notenbank beseitigt wurde – Staatspräsident Erdogan bestimmt, wie hoch die Zinsen (und Zinsen sind nichts anderes als Preis für Geld) sein dürfen. Da die Inflation außer Kontrolle geraten ist, versucht der Staat mit Preiskontrollen dagegen anzukämpfen – und macht die Situation damit nur noch schlimmer.

Um Klima zu schützen: Energiepreise sollen steigen

In Deutschland hat die neue Regierung erklärt, dass die Energiepreise steigen sollen, um das Klima zu schützen. In dem Moment, wo sie tatsächlich steigen, wird dann jedoch gefordert, der Staat solle den sozial Schwachen Geld geben, damit sie die gestiegenen Kosten tragen könnten. Wegen steigender Mieten wurden in Deutschland die Mieten begrenzt („Mietpreisbremse“). Die Lohnhöhe wurde zum Wahlkampfthema und Olaf Scholz gewann die Wahlen mit dem Versprechen, den Mindestlohn auf 12 Euro zu erhöhen. Energiepreise, Löhne, Mieten – all das wird zunehmend nicht mehr vom Markt, sondern von der Politik bestimmt.

Und je höher die Inflation wird, umso stärker werden die staatlichen Eingriffe. Man sieht das im Extremfall in Venezuela, wo die Inflation schon vor Jahren so hoch war wie nirgendwo auf der Welt und gar nicht mehr gemessen werden konnte. Da viele Produkte zu extrem niedrigen Preisen verkauft werden mussten – der Staat hatte es so festgelegt – horteten die Menschen Waren aller Art und standen oft Stunden vor den Geschäften an, um irgendetwas kaufen zu können, das sie dann später viel teurer auf dem Schwarzmarkt verkauften.

Toilettenpapier zu staatlich niedrigen Preisen schnell ausverkauft

Ein Beispiel war Toilettenpapier, das es nur noch sehr selten in den Geschäften gab. Grund: Die Unternehmen, die es produzierten, waren gezwungen, es zu einem niedrigen staatlich festgesetzten Preis zu verkaufen, während die Produktionskosten mit der Inflation stiegen. Und wenn die Produktion stillstand, weil Rohmaterialien fehlten, mussten die Arbeiter dennoch weiter bezahlt werden, weil es verboten war, ohne ausdrückliche staatliche Genehmigung die Belegschaft zu reduzieren.

Gab es doch einmal Toilettenpaper zu staatlich niedrig gehaltenen Preisen, dann war es blitzschnell ausverkauft. Viele Menschen gaben ihren Beruf auf, weil die Löhne nicht mit den rapide steigenden Preisen mithielten und sie als Händler auf dem Schwarzmarkt viel mehr verdienten, indem sie beispielsweise billiges, zu den staatlich festgesetzten Niedrigpreisen erworbenes Toilettenpapier teuer auf dem Schwarzmarkt weiterverkauften.

Die Gefahr der „Interventionsspirale“

Das Beispiel Venezuelas zeigt, was passiert, wenn der Staat anfängt, die Preise zu bestimmen. Da fällt einem der Begriff der „Interventionsspirale“ ein, den der Ökonom Ludwig von Mises prägte. Er veröffentlichte vor genau 100 Jahren sein Werk „Die Gemeinwirtschaft“, in dem er fünf Jahre nach der Machtergreifung der Kommunisten in Russland bewies, warum Sozialismus nicht funktionieren kann.

Das sozialistische Gemeinwesen verfügt über keinen Markt, also auch über keine Preise. Ohne Preise ist keine Wirtschaftsrechnung möglich und die Entscheidung über die Verwendung knapper Ressourcen kann nicht effizient getroffen werden.

Laut Mises sind Preise Indikatoren für Knappheit und ohne freie Preisbildung sei eine Wirtschaftsrechnung nicht möglich.

In der DDR verbot der Staat steigende Mieten

Mises wurde durch die tatsächliche Entwicklung in sozialistischen Ländern bestätigt. Beispiel Wohnungspolitik: Die Mieten in der DDR waren so niedrig, dass man nur davon träumen kann, weil der Staat einfach verbot, dass die Mieten stiegen.

Doch der Preis, den die Mieter dafür zu zahlen hatten, war hoch. Der Traum war in Wahrheit ein Alptraum – wie ein Vergleich von Ost- und Westdeutschland zeigt. 99 Prozent der Wohnungen in Westdeutschland hatten ein Bad oder eine Dusche, in der DDR waren es nur 80 Prozent. Und während in Westdeutschland 98 Prozent der Wohnungen ein Innen-WC hatten, waren es in der DDR nur 73 Prozent. Der Altbaubestand zerfiel zunehmend; 40 Prozent der Mehrfamilienhäuser in der DDR galten als schwer geschädigt, 11 Prozent sogar als gänzlich unbewohnbar. All das war das Ergebnis von staatlich festgelegten Mieten.

Die Lehre aus der Geschichte: Preiskontrollen lösen kein Problem, sondern machen die Probleme sogar noch viel schlimmer. Wenn der Staat anfängt, die Preise zu bestimmen, bedeutet das Sozialismus – und Sozialismus ist in den letzten 100 Jahren ausnahmslos immer gescheitert.  Ludwig von Mises hat mit seiner Vorhersage recht behalten.

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Dieser Artikel erschien erstmalig als Gastbeitrag am 05.01.2022 auf der Website focus.de unter dem selben Titel: “Energiepreise, Löhne, Mieten: Wenn sich die Politik einmischt, wird es immer schlimmer”.

Dr. Dr. Rainer Zitelmann ist promovierter Historiker und Soziologe. Er war zunächst Wissenschaftlicher Assistent am Zentralinsitut für sozialwissenschaftliche Forschung der FU Berlin. Danach war er Cheflektor des Ullstein-Propyläen Verlages und Ressortleiter bei der Tageszeitung “Die Welt”. Im Jahr 2000 gründete er sein eigenes Unternehmen, das er zu führenden Kommunikationsagentur der Immobilienbranche machte. Vermögend wurde er als Immobilieninvestor. Heute lebt er als Autor in Berlin. Zitelmann hat 24 Bücher geschrieben und herausgegeben, u.a. „Kapitalismus ist nicht das Problem, sondern die Lösung“. Er schreibt regelmäßig für Medien wie Neue Zürcher Zeitung, Welt, Focus, Le Loint, Linkiesta, Washington Examiner und National Interest. Zitelmanns Bücher sind in zahlreichen Sprachen erschienen und er ist ein gefragter Vortragsredner in Asien, den USA und Europa. Mehr Informationen: www.rainer-zitelmann.de

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Hinweis: Die Inhalte der Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Ludwig von Mises Instituts Deutschland wieder.

Titel-Foto: Adobe Stock

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