Die kommende Entwertung des Papiergeldes
12.11.2012 – von Philipp Bagus.
Der Dollar ist unbestrittene Weltreservewährung. Doch wie lange noch? Der Hauptbestimmungsfaktor für diesen Status ist politische und militärische Stärke. Im 19. Jahrhundert wurde das britische Pfund die erste Reservewährung. Mitglieder des Commonwealth, abhängige und verbündete Staaten hielten einen Großteil ihrer Währungsreserven in Pfund. Mit dem politischen Aufstieg der USA nach dem Ersten und der Konsolidierung als Weltmacht Nummer 1 nach dem Zweiten Weltkrieg kam das Pfund unter Druck und wurde im Bretton Woods System vom Dollar als Weltreservewährung abgelöst. Im Bretton Woods System waren es mit Japan und Deutschland bezeichnenderweise die Staaten mit den meisten amerikanischen Truppen, die sich am bravsten beim Eintausch der inflationierten Dollars in hartes Gold zurückhielten. Auch heute halten Staaten wie Japan, Tawain und Saudi Arabien, die auf den militärischen Schutz der USA angewiesen sind, enorme Dollarreserven.
Der Status einer Reservewährung bringt beachtliche Vorteile. In Weichwährungsländern horten die Menschen Dollars als Schutz gegen die Inflation. Auch Zentralbanken halten ihre Reserven überwiegend in Dollars. Der Export von Dollars erlaubt es den Vereinigten Staaten ein gewaltiges Handelsdefizit zu finanzieren. Die USA drucken Dollars und kaufen reale Güter im Ausland. Der Nachteil des Status der Weltreservewährung besteht darin, dass er den Keim seiner Zerstörung schon in sich trägt. Denn das Privileg ist quasi unwiderstehlich. Auch die USA haben sich mittlerweile des Privilegs dermaßen bedient, dass der Dollar gefährdet ist. Sie haben mit dem Dollarexport Überkonsum, Fehlinvestitionen, militärische Überdehnung und ein immenses Staatsdefizit finanziert. Die Staatsschulden der USA – ein Großteil gehalten von ausländischen Zentralbanken – wachsen in den Himmel. Eine Rückzahlung ohne Inflation erscheint unmöglich und bringt die Gefahr immenser Verluste für Besitzer von US-Schulden. Auch die schwindende Hegemonie der USA wird dem Wunsch, diese Verluste durch Verkauf zu begrenzen, irgendwann nicht mehr Einhalt gewähren können. Es kommt zum Umkehrpunkt und zur Flucht aus dem Dollar.
Wer aber soll nach dem Dollar die Rolle der Reservewährung übernehmen? Der Euro ist eine sterbende Fehlkonstruktion. Der chinesische Yuan die Währung eines letztlich totalitären Systems, dessen Boom gefährliche Übertreibungen zeigt. Beide Währungen sind zudem teilweise durch Dollarreserven gedeckt. Vieles spricht dafür, dass die Dollarkrise eine allgemeine Krise der Papiergeldsysteme auslösen wird.
Man wird wahrscheinlich versuchen, das Vertrauen in das Papier dadurch wiederherzustellen, dass Währungen in irgendeiner Form mit Gold hinterlegt werden. Alternativ könnten spontan entstehende parallele private Goldwährungen den Menschen Sicherheit vor der Inflation bieten. Eine goldene Zukunft nach dem Dollar ist jedenfalls wahrscheinlich.
Dieser Beitrag ist am 2.11.2012 mit einem anderen Titel in der Wochenzeitung „JUNGE FREIHEIT“ erschienen.
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Philipp Bagus ist ist Mitglied des wissenschaftlichen Beirates des “Ludwig von Mises Institut Deutschland”. Er ist Professor für Volkswirtschaft an der Universidad Rey Juan Carlos in Madrid. Zu seinen Forschungsschwerpunkten Geld- und Konjunkturtheorie veröffentlichte er in internationalen Fachzeitschriften wie Journal of Business Ethics, Independent Rewiew, American Journal of Economics and Sociology u.a.. Seine Arbeiten wurden ausgezeichnet mit dem O.P.Alford III Prize in Libertarian Scholarship, dem Sir John M. Templeton Fellowship und dem IREF Essay Preis. Er ist Autor eines Buches zum isländischen Finanzkollaps („Deep Freeze: Island’s Economics Collapse“ mit David Howden). Sein Buch „Die Tragödie des Euro“ erscheint in 12 Sprachen.