Philipp Bagus im Interview über „Griechenland, Spanien und sein Treffen mit Ron Paul“

1.4.2012 –

Philipp Bagus

Herr Bagus, zunächst vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für die Beantwortung unserer Fragen nehmen. In einem Artikel für die Zeitung „Junge Freiheit“ schrieben Sie kürzlich, dass Griechenland weitere Rettungsgelder benötigen wird, um „seinen staatlichen Vergnügungspark zu unterhalten“. Was meinen Sie damit?

Die griechische Regierung hat in der Vergangenheit dank des Euro weit über ihre Verhältnisse gelebt. Der Euro erlaubte es, griechische Staatsanleihen auszugeben, die dann zu einem Großteil vom Bankensystem und der EZB zu neuem Geld gemacht wurden. Damit wurde eine Art staatliches Disneyland errichtet, mit horrenden Gehältern im Staatssektor, staatlich subventionierten Urlaub, großzügiger und früher Verrentung usw. Griechenland hat nicht die Ressourcen, um diesen Vergnügungspark aufrechtzuerhalten, es braucht Ressourcen von außen. Vor der Staatsschuldenkrise ging das durch Ausgabe von Staatsanleihen die im Eurosystem monetisiert wurden, dieser Weg ist jetzt mehr und mehr verschlossen. Daher muss die Regierung, will sie nicht ihren Sozialstaat demontieren, um weitere Gelder von außen bitten. Diesmal in Form von subventionierten staatlichen Hilfsgeldern. Das Druckmittel, welches der griechischen Regierung zur Verfügung steht, ist die (letztlich leere) Drohung den Schuldendienst ganz einzustellen. Das würde weitere Verluste für europäische Banken bedeuten und könnte zu einem Abverkauf von Anleihen aus anderen Staaten wie Portugal oder Spanien führen. Das Europrojekt wäre gefährdet und die Rettungsaktionen nachträglich delegitimiert. Da das Europrojekt, koste es was es wolle, weitergeführt werden soll, wurden weitere Gelder aus Deutschland in den Vergnügungspark geschossen.

Sie fordern mehr Eigenverantwortung der Griechen und weniger Almosen aus dem Norden: wie würden Sie die Griechenlandkrise lösen?

Das ist ganz einfach. Die griechische Regierung müsste wieder eigenverantwortlich handeln. Die EZB müsste es ablehnen, griechische Staatsanleihen zu kaufen oder als Sicherheit zu akzeptieren. Zudem müssten die Hilfspakete eingefroren werden. Griechenland würde dann die Zahlungen einstellen und sich seinen Schuldenberges entledigen. Gleichzeitig sollte dies mit Strukturreformen und Staatsausgabensenkung einhergehen. Der griechische Staatssektor muss radikal schrumpfen, soll die griechische Privatwirtschaft wieder auf die Beine kommen.

Wartet nach Griechenland mit Spanien eigentlich schon der nächste „Patient“? Die Arbeitslosenquote in Spanien beträgt mehr als 20 %, bei den Jugendlichen sind es sogar rund 50 % und die Renditen der spanischen Staatsanleihen steigen bereits wieder.

Spanien hat in der Tat nicht mehr viel Zeit. Mittelfristig ist eine solche Arbeitslosenquote nicht tragbar und die Arbeitsmarktreform greift wohl zu kurz. Es war nicht gerade förderlich, dass die spanische Regierung eigenmächtig ihr Defizitziel nach oben korrigiert hat. Da Italien anscheinend in die richtige Richtung geht,  ist der Fokus nun wieder auf Spanien umgeschwenkt.

Mittlerweile scheinen Merkel und Schäuble bei der Aufstockung des dauerhaften Rettungsfonds ESM einzuknicken. Da rechnet man doch auch mit weiteren „Patienten“, oder?

Die Politklasse möchte genug Garantien geben, um die Schulden Spaniens und Italiens im Notfall auffangen zu können. Man will das Schuldenproblem mit noch mehr Schulden lösen. Letztlich sollen die deutschen Steuerzahler für die Peripherieschulden einstehen. Es sind jedoch nicht genug produktive Ressourcen da, um Euroland ohne eine radikale Reduzierung der Staatssektoren zu retten.

Sie waren dieser Tage zu einem Treffen mit Ron Paul in Washington. Welche Eindrücke bringen Sie mit zurück?

Konkret war ich bei einer von Ron Paul geleiteten Anhörung von Fed-Offiziellen über die Currency-Swaps, welche die Fed unter anderem mit der EZB eingerichtet hat. Als letztes Jahr europäische Banken Probleme bekamen ihre Dollarverbindlichkeiten zu refinanzieren, sprang die Fed ein, und gewährte der EZB Dollarkredite, welche dann an die europäischen Banken weitergereicht wurden. Interessanterweise leugnet die Fed nicht, dass es sich um eine Rettung europäischer Banken durch die Fed handelt. Sie rechtfertigt sich mit dem Argument, dass diese Rettung im Interesse der USA seien und sobald die Nachteile die Vorteile überwiegen, die Rettungen eingestellt würden. Mit anderen Worten wird die Fed alles tun, um die Finanzmärkte zu retten und die Zinsen künstlich niedrig zu halten. Zudem glaubt die Fed, dass sie als perfekter Planwirtschaftler alles im Griff hat und die Vor- und Nachteile ihrer Rettungsaktionen abwiegen kann.

Ron Paul´s Stab hatte mich letztes Jahr als Geldökonom einstellen wollen, was jedoch unter anderem am Fehlen eines „working visa´s“ scheiterte. Um so mehr hat es mich gefreut, Dr. Paul und seinen Stab persönlich kennen lernen zu dürfen. Ron Paul ist ein sehr bescheidener Held der Freiheit. Ein Großteil des enormen Wachstums der Österreichischen Schule seit 2008 ist sein Verdienst. Es ist ihm hoch anzurechnen, dass er trotz seines Alters, sich 2012 noch ein weiteres Mal um das Präsidentenamt bewirbt und die Ideen der Österreichischen Schule in die breite Öffentlichkeit trägt.

Herr Bagus, vielen Dank für das Interview.

Die Fragen stellte Andreas Marquart, misesinfo.

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Prof. Dr. Philipp Bagus lehrt Volkswirtschaft an der Universidad Rey Juan Carlos in Madrid. Sein jüngstes Buch über „Die Tragödie des Euro – Ein System zerstört sich selbst“ erschien 2011 im Finanzbuch Verlag München.

Lesen Sie auch das Interview mit Philipp Bagus zu seinem Buch „Die Tragödie des Euro“. Zum Interview finden Sie hier.

 

 

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