Gold ist das ultimative Geld

26.4.2012 – Finanzkrise: Die Abkehr vom Goldstandard ermöglichte ein ungehindertes Ausweiten der Kredit- und Geldmengen zu niedrigen Zinsen.

von Thorsten Polleit.

Thorsten Polleit

Die Mehrheit der meinungsfüh­renden Ökonomen lehnt den Goldstandard ab, also das Geld­system, in dem Banknoten und Girogut­haben jederzeit in eine feste physische Goldmenge eintauschbar sind. Sie spre­chen sich vielmehr für einen staatlich beherrschten Papiergeldstandard aus, unter dem Geld durch Bankenkredit­vergabe geschaffen wird, ohne daß dafür „echte Ersparnisse“ vorhanden sind („ex nihilo“). Die Meinung der „Mainstream-Ökonomen“ ist höchst erklärungsbe­dürftig, vor allem deswegen, weil der Goldstandard nicht aus ökonomischen Gründen, sondern aus politisch-ideo­logischen Erwägungen zerstört wurde.

Bittere Inflationserfahrung mit staatlichem Papiergeld

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts war weltweit ein Goldstandard etabliert. Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs gingen dann jedoch die meisten Staa­ten – mit Ausnahme der USA – vom Goldstandard ab, nicht weil er schlecht funktioniert hätte, sondern weil Gold wertbeständiges Geld ist, und das stand der Kriegsfinanzierung durch Inflation im Wege. Nach dem Ende der Kriegs­handlungen 1918 wurde im Zuge des Ausbreitens sozialistisch-freiheitsfeind­licher Ideologien die Rückkehr zum Goldgeld zusehends unerwünscht.

Das „System von Bretton Woods“ war daher auch nur ein halbherziger Versuch, das internationale Währungssystem nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wie­der an das Gold anzubinden: Ab 1945 war der US-Dollar (nach wie vor) durch Gold gedeckt, und alle übrigen Währun­gen waren mit festem Wechselkurs an den US-Dollar gebunden. Und weil sie konvertierbar waren in den US-Dollar, waren auch sie (indirekt) an das Gold gebunden. Doch mit der unilateralen Aufhebung der Eintauschpflicht des US-Dollar in Gold durch die ameri­kanische Regierung am 15. August 1971 wurden die letzten Überbleibsel des Goldgeldregimes beseitigt. Die Ära des nicht mehr einlösbaren staatlichen Papiergeldes begann.

Trotz der sehr üblen Inflationserfah­rung mit dem Papiergeld in den 70er und 80er Jahren des vergangenen Jahr­hunderts blieben die Rufe nach einer Rückkehr zum Goldstandard aus. Das lag, neben politisch-ideologischen Erwä­gungen, vermutlich auch daran, daß es unter dem Goldstandard, wie er bereits Ende des 19. Jahrhunderts praktiziert wurde, auch schwere Wirtschafts- und Finanzkrisen gegeben hatte. All diese Krisen lagen jedoch nicht am Goldstan­dard per se, sondern vielmehr an staatli­chen Interventionen, die zerstörerische, letztlich fatale Kräfte freisetzten: Der  Staat erlaubte nämlich immer wieder den Geschäftsbanken, per Kredit neues Geld in Umlauf zu bringen, neues Geld, das nicht mehr voll durch die Goldbe­stände gedeckt war, die die Kunden bei ihren Banken deponiert hatten („Teil­reservesystem“). Eine solche Ausgabe von nicht gedecktem Kreditgeld muß jedoch notwendigerweise zu Störungen im Wirtschaftsleben führen: Das kredit­getriebene Ausweiten der Geldmenge „ex nihilo“ ist inflationär, verzerrt die Preis- und Zinssignale des Marktes und sorgt so systematisch für Fehlinvestitio­nen, „Boom-and-Bust“-Zyklen und ein Anschwellen der Verschuldung.

Weil zudem die Zahlungsverbindlich­keiten der Banken chronisch ihre Kas­senbestände übersteigen, sind sie anfällig für „Bank Runs“: daß also Kunden vor dem Schalter Schlange stehen und ihre Banknoten und Giroguthaben in Gold eintauschen wollen. Banken können in einem Teilreservesystem nicht jederzeit ihren gesamten Zahlungsverpflichtun­gen nachkommen. Bei einem Bank Run gehen sie pleite, und nachfolgend gera­ten auch Unternehmen, Konsumenten und Staaten in den Pleitesog. Um all das zu verhindern, suspendierte der Staat regelmäßig in Krisenzeiten die Verpflich­tung der Banken, die von ihnen ausge­gebenen Banknoten und Giroguthaben vertragsgemäß in Gold einzutauschen.

Mit dem Etablieren einer staatli­chen Zentralbank und dem Ersetzen des Goldes durch Geld, das allein von der Zentralbank produziert wird (Zen­tralbankgeld), konnte fortan verhindert werden, daß Banken Konkurs anmelden. Die Zentralbank kann den Banken fort­an jederzeit jede beliebige Geldmenge bereitstellen. Damit wurde natürlich auch ein ungehindertes Ausweiten der Kredit- und Geldmengen mit immer niedrigeren Zinsen in Gang gesetzt, und das errichtete in den letzten Jahrzehnten eine bisher beispiellose internationale Kredit- und Geldpyramide.

„Überraschungsinflation“ zur Schuldenentlastung

Mittlerweile ist jedoch das Papier­geldsystem an seine Grenzen gestoßen. Private Kreditgeber ziehen sich aus den Kreditmärkten zurück. Die Zentralban­ken müssen immer mehr Geld in Um­lauf bringen, um drohende Zahlungs­ausfälle von Banken und auch Staaten abzuwehren. Das Ausweiten der Geld­menge wird – wie schon so häufig in der Währungsgeschichte – zu hoher Inflation führen, vielleicht sogar Hyper­inflation. Friedrich August von Hayek erkannte die zerstörerische Wirkung, die der Staat auf das Geld hat. Er forderte daher bereits 1976 ein Privatisieren der Geldproduktion. Geld, so Hayek, sei ein Gut wie jedes andere, und es kann am besten durch das freie Angebot von und die freie Nachfrage nach Geld be­reitgestellt werden, wie ja jedes andere Gut auch. Die Geldnachfrager würden bestimmen, was Geld ist. Sie würden das Gut als Geld nachfragen, von dem sie er­warten, daß es allgemein und überall als Tauschmittel akzeptiert wird. Im Zuge eines Währungswettbewerbs würden sich vermutlich „intrinsisch“ wertvolle Sachgüter (wie zum Beispiel Gold und Silber) als alternative Gelder etablieren.

Der Währungswettbewerb hätte eine Reihe von Vorteilen. Erstens erhöht sich der Druck auf die Zentralbank, die Kaufkraft des Geldes, das sie her­ausgeben, zu wahren. Denn wenn sie eine inflationäre Geldpolitik verfolgt, wechseln die Marktakteure vom hei­mischen auf anderes, weniger inflatio­näres Geld. Zweitens steigt der Druck auf die nationalen Regierungen, ihre Staatsfinanzen zu gesunden, und Ban­ken werden angehalten, betriebswirt­schaftlich zu wirtschaften. Denn beide können nicht mehr wie bisher davon ausgehen, daß die Zentralbank ihnen zu niedrigen Zinsen unlimitiert Geld bereitstellt. Drittens ruft das Geld, wel­ches im Wettbewerb geschaffen wird, keine Störungen des Wirtschaftsgesche­hens hervor – wie Spekulationsblasen, Fehlinvestitionen und Überschuldung –, wie es beim ungedeckten Kreditgeld notwendigerweise der Fall ist. Und vier­tens: Der Währungswettbewerb eröffnet den Marktakteuren echte Wahlmög­lichkeiten, durch die sie an gutes Geld kommen. Er schützt also Bürger und Unternehmen vor dem Mißbrauch der staatlichen Notenpresse.

Geldhalter und Sparer sollten jedoch nicht darauf warten, daß ihre Regierung den Währungswettbewerb aktiv in Gang setzt. Denn die Politik will eine „Überra­schungsinflation“ in Gang bringen, um vor allem die realen (Staats-)Schulden­lasten zu entwerten. Das hat sicherlich dazu beigetragen, daß die Preise für Gold und Silber in den letzten Jahren gestie­gen sind. Und sie werden vermutlich noch viel weiter ansteigen, denn das Ausweiten der Papiergeldmengen war in den letzten Jahrzehnten enorm.

Müßte etwa die Zahlungsmittelmen­ge im Euro-Raum (M1) zu 100 Prozent durch das Gold gedeckt werden, das die Euro-Zentralbanken besitzen, stiege der Goldpreis von derzeit 1.250 Euro pro Feinunze auf mehr als 14.000 Euro, bei einer Deckung von 40 Prozent auf immer noch knapp 6.000 Euro. Daß der aktuelle Goldpreis weiter steigen könnte, legt die Währungsgeschich­te nahe: Sie zeigt unmißverständlich, daß das ungedeckte Papiergeld nur ein vorübergehendes Phänomen ist, daß es früher oder später wieder durch Gold, das ultimative Geld der Zivilisationen, ersetzt wird.

Thorsten Polleit ist Chefvolkswirt der Degussa Goldhandel GmbH in Frankfurt und Mitglied im Verwaltungsrat der Gesellschaft. Seit 2003 lehrt er zudem als Professor an der Frankfurt School of Finance & Management.

Hier finden Sie die Internetseite von Thorsten Polleit.

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Der Beitrag ist in der Wochenzeitung “Junge Freiheit” Ausgabe 16/12 erschienen. Vielen Dank für die Genehmigung zur Veröffentlichung.

 

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