Ron Paul über das Teilreservebankwesen und die Fed

16.7.2012 – Übersetzt und erläutert von Kristof Berking.

Der Unterausschuss für Geldpolitik und Bankwesen des amerikanischen Kongresses (Domestic Monetary Policy and Technology Subcommittee) hielt am 28. Juni 2012 eine Anhörung ab über das Teilreservebankwesen und das Federal Reserve System, „Fractional Reserve Banking and the Federal Reserve: The Economic Consequences of High-Powered Money“. Der Vorsitzende des Ausschusses und Initiator der Anhörung, der amerikanische Kongressabgeordnete Dr. Ron Paul, hatte das Hearing wie folgt angekündigt:

Dr. Ron Paul

Das herrschende Bankenwesen beruht ganz auf Teilreservehaltung (Fractional Reserve Banking), und doch wird der Einfluss des Teilreservebankwesens auf die Gesellschaft komplett ignoriert. Unser Geldsystem besteht aus enormen Mengen von Kredit, die sich wie eine umgedrehte Pyramide über einer kleinen Menge von realen Ersparnissen auftürmen – alles gehalten von expliziten und impliziten Garantien der Regierung. Dies stellt eine erhebliche Gefahr für die Stabilität der Wirtschaft und der Geldordnung dar, was jeden seriösen Beobachter der Finanzmärkte beschäftigen sollte. Das anberaumte Hearing wird hoffentlich zu einer Verbreitung des Wissens über das Wesen des herrschenden Bankensystems beitragen und eine Bewegung in Gang setzen hin zu ernsthaften Reformen des Systems. Das amerikanische Volk hat das Recht auf ein Finanzsystem, das stabil und effizient ist, eines, das ohne Subventionierung durch die Steuerzahler und ohne Bailouts funktioniert.

Nach dem Hearing, bei dem die Professoren John Cochran, Joseph Salerno und Lawrence H. White gehört wurden – das ganze 72minütige Hearing bei YouTube zu finden unter „Hearing June 28 2012 Fractional Reserve Banking“, erklärte Dr. Paul in seinem wöchentlich „Texas Straight Talk“, stets veröffentlicht auf zahlreichen Websites, unter anderem bei ronpaul.com, die Problematik wie folgt:

Das Teilreservebankwesen ist diejenige Bankgeschäftspraxis, bei der die Banken Einlagen entgegennehmen und als Guthaben ausweisen, jedoch nur einen kleinen Teil dieser Einlagen als Reserve vorhalten. Tatsächlich sind fast 100% der Einlagen ausgeliehen, während die Bankkunden glauben, dass sie ihre Sichtguthaben jederzeit in voller Höhe abheben können. Die verliehenen Gelder werden ihrerseits auf andere Konten eingezahlt und von dort aus wiederum bis zu der Grenze, die die Mindestreserveanforderung zulassen, weiterverliehen, was den Effekt noch potenziert.

In seinem Buch „The Mystery of Banking“ formulierte Murray Newton Rothbard es so: „Die Teilreservebanken […] schaffen Geld aus dem Nichts. Im Grunde machen sie dasselbe wie Geldfälscher. Auch Geldfälscher schaffen Geld aus dem Nichts, indem sie etwas drucken, das für Banknoten, also Quittungen für Geld (ware house receipts), gehalten wird. Damit entziehen sie der Allgemeinheit, das heißt den Menschen, die ihr Geld ehrlich verdient haben, auf betrügerische Weise Ressourcen. Genauso kreieren auch die Teilreservebanken Quittungen für Geld, die dann wie Geld umlaufen. In einem Punkt allerdings hinkt der Vergleich: Das Gesetz behandelt die von den Banken geschaffenen Quittungen für Geld nicht als Fälschungen.“

Während die Mainstream-Ökonomen diesen Geldschöpfungsmultiplikator („money multiplier“) als einen fast zauberhaften Prozess preisen, der zu einer stabilen Wirtschaft führe, werden in Wirklichkeit die Banken durch die niedrigen Reserveanforderungen in die Lage gesetzt, Billionen von Dollars an Krediten aus dem Nichts zu schaffen, ein Prozess, der die Produktionsstruktur der Wirtschaft verzerrt und den Konjunkturzyklus in Gang setzt. Wenn die so verursachte Aufschwungphase des Boom-Bust-Zyklus an ihr Ende gelangt und der Abschwung einsetzt, ziehen manche Menschen es natürlich vor, Bargeld zu halten. Also heben sie Geld von ihren Konten ab, um es als Bargeld zu halten. Aber die Depositen bei den Banken bestehen aus gewaltigen Mengen von Kreditschulden, die auf einer nur kleinen Basis von ursprünglichen Bareinlagen aufgetürmt wurden. Jeder Dollar, der als Bargeld abgehoben wird, entzieht dem Bankensystem ein Vielfaches an Geldschöpfungspotential, was zu einer Kreditkontraktion führt. Und wenn die Bankkunden massenweise versuchen, Geld abzuheben, mehr Geld, als an Reserven tatsächlich vorgehalten wird, bricht das ganze Kartenhaus in sich zusammen. Das ist die sehr reale Gefahr, die derzeit einigen europäischen Banken droht.

Da die Menge der Depositen bei den Banken stets den Betrag der Reserven übersteigt, können die Teilreservebanken offensichtlich unmöglich alle fälligen Einlagen auf Verlangen der Bankkunden auszahlen, wie sie es an sich versprochen haben – funktionell betrachtet sind diese Banken also allesamt insolvent. Obgleich es relativ unwahrscheinlich ist, dass alle Inhaber von Einlagen gleichzeitig kommen, um ihr Geld abzuheben, kommen Bankruns doch von Zeit zu Zeit vor. Der einzige Grund, weshalb Banken in der Lage sind, solche Ereignisse zu überstehen, ist die als Einlagensicherung bekannte staatliche Subvention, die eben dafür konzipiert ist, Bankruns zu verhindern und einen Zusammenbruch des Bankensystems aufzufangen. Mag die Einlagensicherung auch tatsächlich zu einer Verringerung der Zahl und der Schwere von Bankruns geführt haben, so handelt es sich bei ihr doch schlicht um eine Bailout-Garantie. Dieser garantierte Rettungsschirm schafft einen Moral Hazard für die Banken, indem er sie ermutigt, die Bankdepositen in völlig unsolide Finanzinstitutionen zu stecken, und trägt so in Wahrheit zur Instabilität des Finanzsystems bei.

Die Lösung des Problems der Instabilität des Finanzsystems besteht in der Schaffung einer wirklich marktwirtschaftlichen Geldordnung. Es darf für Banken im Falle eines Scheiterns kein Auffangnetz von der Regierung mehr geben, egal welcher Art. Wie jedes andere Geschäft auch, sollten Banken mit dem Druck einer Regulierung durch den Markt konfrontiert sein. Diejenigen Banken, die solide Geschäfte machen, ausreichend hohe Reserven vorhalten und das Vertrauen ihrer Kunden gewinnen, würden überleben, während andere auf der Strecke bleiben.

Das Bankgeschäft ist, wie jede andere Geschäftstätigkeit, nicht ohne Risiken, und die Regierung sollte aufhören mit ihrem vergeblichen und nutzlosen Bemühen, diese Risiken zu eliminieren. Nimm die Regierung aus dem Weg und erlaube dem Markt zu funktionieren – nur so kommt es zu einem stabileren System, das den Bedürfnissen der Verbraucher, Kreditnehmer und Investoren gerecht wird.

Ron Paul vollständiges Statement zu dem Hearing findet sich auf seiner Abgeordneten-Website.

Unterdessen hat die von Ron Paul seit vielen Jahren immer wieder und auch in dieser Wahlperiode erneut eingebrachte Gesetzesvorlage für ein Auditing des Federal Reserve Systems wichtige Ausschüsse des Kongresses passiert und steht nun Ende Juli zur Abstimmung im Repräsentantenhaus an, wo sich bisher 263 Co-Sponsoren für das Gesetz gefunden haben. Bereits in der vorigen Wahlperiode hatte sein„Federal Reserve Transparency Act of 2009“ im Repräsentantenhaus eine Mehrheit von 319 Unterstützern gewonnen, wurde jedoch durch Hinhalten, Taktieren und verschiedene Winkelzüge insbesondere des Vorsitzenden des Finanzausschusses ausgebremst. Im Senat kam überhaupt nur eine Minderheit von 32 Unterstützern (aus 100 Senatoren insgesamt) zustande. Die Federal Reserve bekämpfte durch ihren Vorsitzenden Ben Bernanke die Audit-the-Fed Vorlage mit der Begründung, dass es geheim bleiben müsse, welchen Banken und Finanzinstitutionen von der Fed mit wie viel Geld geholfen wird, da es diese Institutionen und ihre Geschäfte gefährde, wenn die Hilfe publik würde. Allerdings beugte Ron Pauls Gesetzesvorlage dieser Gefahr mit entsprechenden Verzögerungsfristen der Offenlegung und Verschwiegenheitspflichten der Prüfer vor.

In Ron Pauls „Texas Straight Talk“ vom 2. Juli 2012 heißt es erläuternd zur anstehenden Abstimmung über die Audit the Fed-Vorlage:

Die Federal Reserve ist eine enorm destruktive und verantwortungslose Kraft sowohl in der heimischen Wirtschaft der USA, als auch für die Weltwirtschaft. Die Politik der Federal Reserve hat auf den Durchschnittsamerikaner weit aus größere Auswirkungen als die Finanz-, Ausgaben- und Steuerpolitik, die vom Kongress beschlossen wird; tatsächlich tätigt die Fed größere „Ausgaben“ als der Kongress, wenn sie Billionen von neuen Dollars kreiert, um damit von ihr bevorzugte Finanzinstitutionen aus der Patsche zu helfen.

Über mehrere Jahrzehnte hat die Fed die Menge der US-Dollar rücksichtslos erhöht – sowohl in Form von Banknoten als auch elektronisch – und hat den Zinssatz künstlich niedrig gehalten. Diese Geldpolitik bestraft das Sparen, erodiert den Wert von Ersparnissen und schadet älteren Amerikanern, die von fixen Einkommen leben, und den Armen. Die Ausweitung der Geldmenge durch die Fed, in Kombination mit künstlich niedrig gehaltenen Zinssätzen, erzeugt destruktive Zyklen von Fehlinvestitionen. Das führt zu Immobilien-, Aktienmarkt- und Arbeitsmarkt-Booms und -Busts, die Leben zerstören.

Über die weltweite Dollar-Hegemonie, die Ron Paul hier nur andeutet, sprach er ausführlich 2009 vor dem Repräsentantenhaus, nachzusehen bei YouTube unter „The End of Dollar Hegemony  oder schriftlich auf Ron Pauls Abgeordnetenwebsite.

Über den aktuellen Stand von Ron Pauls Bewerbung um die Nominierung zum Präsidentschaftskandidaten der Republikaner und die generelle Strategie der Ron Paul Bewegung gibt ein Beitrag auf Russia Today vom 11. Juli Aufschluss, „Could Ron Paul Still Win the Nomination?.

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Fotos: Kristof Berking

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