Die EU verhält sich arrogant und überheblich im Zollstreit mit den USA

16.3.2018 – von Andreas Marquart.

Andreas Marquart

Die Ankündigung von Import-Strafzöllen durch US-Präsident Donald Trump auf Stahl und Aluminium war für seine Gegner ein gefundenes Fressen. Reflexartig meldeten sich seine zahlreichen Kritiker zu Wort und warfen ihm Protektionismus vor. Nicht wenige sehen gar eine Epoche des Welthandels zu Ende gehen.

Mit Kritik hielten sich nicht einmal die zurück, die guten Grund hierfür hätten. So kündigte man seitens der EU als Antwort auf die „unfairen Maßnahmen“ Vergeltung an. In Richtung USA tönte EU-Kommissionspräsident  Jean-Claude Juncker: „Das ist alles nicht vernünftig, aber Vernunft ist ja ein Gefühl, das sehr unterschiedlich verteilt ist in der Welt … wir sind da, und man wird uns auch kennenlernen.”

Realistischer sieht es Henning Klodt, der bis 2017 das Zentrum Wirtschaftspolitik am Institut für Weltwirtschaft in Kiel leitete. In der FAZ schreibt er am 3. März 2018:

„Übersehen wird in der europäischen Diskussion, dass man in der Handelspolitik eher im Glashaus sitzt. Allein im Stahlbereich sind mehr als 40 Produktbereiche durch Strafzölle der EU geschützt. Insgesamt ist die EU bisher jedenfalls eindeutig stärker protektionistisch ausgerichtet als die Vereinigten Staaten.“

Doch nicht nur in puncto Stahl sitzt die EU im Glashaus, sondern auch im Automobilbereich. Auf importierte Personenwagen erhebt die EU Einfuhrzölle von 10 Prozent, die USA dagegen nur 2,5 Prozent. Pick-ups aus den USA werden von der EU gar als Lastkraftwagen eingestuft und in Folge werden darauf saftige 22 Prozent fällig. Von EU-Zöllen auf Solar-Panels aus China ganz zu schweigen.

Zwar wird auch in der Politik immer wieder vom Segen des Freihandels gesprochen und manch einer bemüht sogar die Theorien von Adam Smith (1723-1790), David Ricardo (1772-1823) oder Richard Cobden (1804-1865), die nachgewiesen haben, dass von Arbeitsteilung und Freihandel alle Beteiligten profitieren.

Doch über die am Ende stehende Realpolitik jenseits und diesseits des Atlantiks braucht man sich nicht wundern. Sie wird beeinflusst und getrieben von Lobbygruppen, denen das eigene Hemd natürlich das Nächste ist und von Wählern, von denen sich immer mehr in prekären Arbeitsverhältnissen wiederfinden und deren Betrachtungshorizont mindestens so kurz, deren ökonomischer Sachverstand ebenso überschaubar ist wie der von Politikern.

Woran aber liegt es, wenn Freihandel und internationale Arbeitsteilung scheinbar so viele Verlierer hervorbringt, wo die Theorie doch das Gegenteil besagt, dass nämlich alle davon profitieren würden?

Nun, zum einen gilt es festzuhalten, dass das, was die Politik als Freihandel bezeichnet, keiner ist. Zwar ist die EU eine Freihandelszone, doch hat sie sich mit Zöllen – wie eingangs bereits beschrieben – nach außen abgeschottet. Sie hält mit ihrem Verständnis von Freihandel sogar andere Länder arm, beispielsweise indem sie auf die Einfuhr gerösteter Kaffeebohnen einen höheren Zoll verlangt als auf die Einfuhr von Rohkaffee. Dabei würden Entwicklungsländer, könnten sie das Rösten von Kaffee selber vornehmen, vergleichsweise mehr Einnahmen erzielen. Vor Ort würden Arbeitsplätze entstehen und es könnte ein Kapitalstock aufgebaut werden – soviel zum Thema „Fluchtursachen bekämpfen“. Und hierzulande wäre der Kaffee preiswerter.

Zum anderen kann man das Thema Freihandel nicht isoliert betrachten und dabei das weltweit herrschende Geldsystem außer Acht lassen. Denn die Früchte des Freihandels und der internationalen Arbeitsteilung kommen bei der überwiegenden Mehrzahl der Arbeitnehmer nicht an. Das ist in den USA noch deutlicher erkennbar als hierzulande, wo seit jeher mehr Umverteilung (soziale Marktwirtschaft) stattfindet (was keine Lösung darstellt, sondern nur den Staat wuchern lässt). Der Autor Markus Krall hat die Auswirkungen, wie sie in den USA zu beobachten sind, in seinem Buch „Der Draghi Crash“ sehr anschaulich beschrieben:

1966 arbeitet Papa bei Ford, General Motors, Texaco oder General Electric, kommt abends um 6 Uhr nach Hause in ein Eigenheim, das er sich leisten kann. Vor der Tür steht ein Gas-Guzzler, der 25 Liter säuft, aber das ist nicht schlimm, denn der Liter kostet 10 Cent. Mama muss nicht arbeiten und kümmert sich um die drei Kinder, ihre Schule, das Essen und was sonst so in Haus und Garten anfällt. Wie wir aus den alten 60er-Spielfilmen wissen, sieht sie dabei auch noch blendend aus. Die Kinder werden studieren, und das Studium ist auch bezahlbar, um die Rente kümmert sich das Unternehmen. Fein.

2016 arbeiten beide, kommen um 20 Uhr nach Hause, um ihre 1,5 Kinder zu Bett zu bringen, der Pickup läuft auf Kredit, das Haus war im Boom zu teuer gekauft und ist jetzt nur noch die Hälfte wert, das Studium an einer guten Uni ist ohne Stipendium ein Wunschtraum, weil sich die Gebühren seit 1966 verzwanzigfacht haben und mit einem Ferienjob nicht mehr finanzierbar sind. Die Rente hat irgendein Fonds mit verbrieften Wertpapieren verzockt und das Unternehmen verlagert die Arbeitsplätze mit steigender Geschwindigkeit nach Mexiko und China. Der Mittelstand fühlt sich zu Recht abgehängt, und das, obwohl sich in diesen 50 Jahren das Bruttosozialprodukt fast verdreifacht hat.

Kein Wunder also, dass Trump ausreichend Unterstützung für seine Politik findet. Überdies macht Trump nichts anderes als es Politiker hierzulande auch tun: Er bedient Interessen.

Protektionistische Politik und die Abkehr vom Freihandel kann man jedoch nicht isoliert betrachten. Vielmehr sind beides Folgen des weltweit herrschenden Papiergeldsystem, in dem Geld per Kredit aus dem Nichts entsteht.

Warum?

  • Das staatliche Papiergeldsystem ermöglicht es dem Staat, sich in einer Höhe zu verschulden, wie es andernfalls nicht möglich wäre. Knappe Ressourcen werden gebunden und gelangen so nicht zur effektivsten Verwendung. Es werden weniger Güter und Dienstleistungen produziert. Staatsschulden schmälern die Leistungskraft einer Volkswirtschaft. Die Menschen wären reicher, könnte der Staat sich nicht verschulden.
  • Beginnend mit den 1930er Jahren hat sich bei den Notenbanken weltweit die sogenannte Geldwertstabilitätspolitik zum Standard entwickelt. Bei Produktivitätssteigerung und einer fortschreitenden Arbeitsteilung, die bei gleicher Geldnachfrage zu einem Absinken des allgemeinen Preisniveaus führen würden, wird durch die Ausweitung der Geldmenge gegengesteuert. Die Konsumentenpreise sind höher als sie ohne Geldmengenausweitung wären.
  • Das staatliche Papiergeldsystem verhindert durch stetige Geldmengenausweitung eine leistungsgerechte Verteilung von Wohlstand, vielmehr kommt es zur Umverteilung von Einkommen und Vermögen. Die Ausweitung der Geldmenge ist nämlich niemals neutral. Es profitieren diejenigen, die sich nahe der Quelle der Geldentstehung befinden (der Staat selbst, Finanzindustrie, durch Korporatismus dem Staat nahestehende Unternehmen). Die Letztempfänger (Lohn- und Gehaltsempfänger, Rentner) des neu entstandenen Geldes sind die Verlierer.
  • Die Notenbanken haben beginnend mit der Finanzkrise vor zehn Jahren die Zinsen auf Null heruntermanipuliert. Es werden immer mehr Unternehmen künstlich am Leben erhalten. Marktbereinigungen (Schumpeter’sche Zerstörung) findet nicht ausreichend statt. Knappe Ressourcen werden so nicht den effizientesten Verwendungen zugeführt. Die Volkswirtschaften bleiben hinter ihren Möglichkeiten zurück, werden relativ ärmer.
  • Die Inflationspolitik der Notenbanken zerstört durch negative Realzinsen den Wert von Altersvorsorgevermögen, von denen gerade in Deutschland ein Großteil über Lebens- und Rentenversicherungsverträge in Geldwerten steckt. Die Menschen werden relativ ärmer.
  • Die Geldmengenausweitung lässt Immobilienpreise immer weiter ansteigen. Wohneigentum wird für immer mehr Familien unbezahlbar bzw. Mieten fressen einen immer höher werdenden Anteil der Einkommen auf.

Der Zusammenhang zwischen Geldpolitik und dem Ruf nach Zöllen und protektionistischer Handelspolitik kann nun deutlich werden. Unter Berücksichtigung der negativen Auswirkungen von Geldmengenausweitungen darf man nämlich getrost davon ausgehen, dass breite Bevölkerungsschichten – würde beispielsweise ein Goldstandard herrschen, jedenfalls kein staatliches Geldsystem – so vermögend wären, dass viele Menschen früher aufhören würden zu arbeiten als ein gesetzliches Rentenalter es ihnen vorgibt. Oder sie würden weniger arbeiten, weil höhere Stundenlöhne ihnen dies ermöglichten. Oder in manchen Familien würde nur einer von beiden Partnern arbeiten, oder beide würden nur Teilzeit arbeiten. Und es ist denklogisch, anzunehmen, dass die Löhne höher wären, weil die Nachfrage nach Arbeitsplätzen weniger hoch wäre als sie es heute ist.

Es wäre also gar nicht schlimm, wenn Stahl oder Solar-Panels günstig aus China importiert und nicht mehr im Inland produziert werden. Die Arbeitsplätze in diesen Industrien würden in der Zahl wie heute gar nicht nachgefragt. Arbeitnehmer wären anderswo tätig, dort, wo sie ihre Arbeitskraft effizienter einsetzen könnten. Arbeitnehmer, die zugleich ja auch Konsumenten sind, würden sich über die günstigeren Preise für Stahl und Solar-Panels also freuen und würden ihre Politiker nicht zur Erhebung von Zöllen auffordern.

So ist die Politik des Protektionismus nichts anderes als eine von vielen negativen Folgewirkungen des staatlichen Geldsystems. Ludwig von Mises (1881-1973) hat diese Zusammenhänge bereits 1929 in seinem Werk „Kritik des Interventionismus“ beschrieben, dass nämlich staatliche Eingriffe in den Markt (hier: staatliches Papiergeldsystem) notwendigerweise weitere staatliche Eingriffe zur Folge haben müssen, in diesem Fall eben „Zölle und Protektionismus“.

Segensreich sind Freihandel und internationale Arbeitsteilung für alle dann, wenn ihre positiven Auswirkungen nicht durch ein schlechtes Geldsystem wieder zunichte gemacht werden.

Schade, dass niemand in der Lage ist, eine Statistik zu erstellen, wie reich die Menschen – gleich ob in den USA oder hierzulande – wären, herrschte wirklicher Freihandel und ein besseres Geldsystem (beispielsweise ein Goldstandard). So hat die Politik ein leichtes Spiel, den Leuten ein X für ein U vorzumachen und kann sich ihrer Gefolgschaft weiter sicher sein.

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Andreas Marquart ist Vorstand des “Ludwig von Mises Institut Deutschland”. Er ist Honorar-Finanzberater und orientiert sich dabei an den Erkenntnissen der Österreichischen Geld- und Konjunkturtheorie. Im Mai 2014 erschien sein gemeinsam mit Philipp Bagus geschriebenes Buch “WARUM ANDERE AUF IHRE KOSTEN IMMER REICHER WERDEN … und welche Rolle der Staat und unser Papiergeld dabei spielen”. Im März 2017 ist sein neues Buch, ebenfalls gemeinsam mit Philipp Bagus erschienen: Wir schaffen das – alleine!

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Hinweis: Die Inhalte der Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Ludwig von Mises Institut Deutschland wieder.

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