Free Banking – Wettbewerb ist einer Behörde überlegen.

Michael von Prollius

24.2.2012 von Michael von Prollius, “Forum Ordnungspolitik”

Für Menschen, die es nicht besser wussten oder keine Alternative erlebt haben, war es selbstverständlich: Ein Telefon musste bei der staatlichen Post beantragt werden. Ruinöser Wettbewerb hätte nicht nur der Behörde, sondern auch den Kunden geschadet. Die besten Produkte und eine gerechte, stabile Versorgung der Verbraucher konnten nur staatliche Experten mit entsprechenden hoheitlichen Befugnissen gewährleisten.

Geld ist ein Gut wie jedes andere auch, nur mit einem Unterschied, es lässt sich besonders gut tauschen. Geld ist deshalb besonders begehrt. Staatsführungen haben früh damit begonnen, seiner habhaft zu werden, um praktisch unbegrenzte Ausgaben finanzieren zu können, für Kriege und repräsentativen Luxus sowie die Alimentierung von Gefolgschaft.

Von Beginn an war Betrug ein Mittel, d.h. eine Vermehrung der Geldmenge mittels Falschmünzerei. Bedeutsamer ist jedoch die Monopolisierung von Förder- und Produktionsstätten wie Silberbergwerken und bis heute vor allem eine Privilegierung von Kreditgebern, insbesondere Banken. Hingegen ist die Stabilisierung einer Volkswirtschaft durch eine angestrebte Neutralisierung des Geldes als Einfluss- und Störfaktor eine relativ späte Schutzbehauptung. Schließlich verursachte die staatliche Geldpolitik regelmäßig das Gegenteil – das zeigen (Hyper)Inflationen, kontinuierliche, teils drastische Geldentwertung und ein künstlich angefachtes Wirtschaftswachstum mit anschließenden unausweichlichen Bereinigungskrisen als kontinuierliche Begleiterscheinung des staatlichen Geldwesens. Zugleich ist dem Staat die Kontrolle über die Geldmenge mit der Ausbreitung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs im 20. Jahrhundert zunehmend entglitten.

Die Ursachen für das fortwährende Scheitern liegen auf der Hand: Eine Behörde kann niemals (!) die tatsächliche Nachfrage nach Geld in Erfahrung bringen und folglich allenfalls zufällig die erforderliche Geldmenge bereitstellen. Das liegt an einem unüberwindbaren Wissensmangel, der allen zentralen Institutionen auf ökonomischem Gebiet innewohnt. Wenige noch so kluge Experten sind dem verstreuten Wissen von Millionen Marktteilnehmern unterlegen, sowohl was das Wissen insgesamt angeht als auch im Hinblick darauf, was zu einem bestimmten Zeitpunkt getan werden muss. (Flexible) Preise bringen auf unschlagbare Weise dieses Wissen zum Ausdruck. Als Ersatz bedienen sich die Experten mancher Krücke, beispielsweise dem Ziel einer annähernden Preisniveaustabilität. Allerdings handelt es sich hierbei auch um eine Anmaßung von Wissen. Konsequent verfolgt führt eine Politik der Preisniveaustabilität von 2 Prozent dazu, dass die Kaufkraft unseres Geldes innerhalb von 35 Jahren halbiert wird. Insofern war die viel gerühmte Bundesbank lediglich oder immerhin der sprichwörtliche Einäugige unter den Blinden. Die Politisierung der Zentralbanken, etwa um das Wirtschaftswachstum anzukurbeln, verschlechtert die Situation zusätzlich. Wohlstand entsteht nicht durch mehr Geld, sondern durch bessere Güter in größerer Vielfalt und Anzahl.

Tatsächlich lebt heute eine grosse Zahl von Menschen entweder von anderer Leute Geld oder von einer Vermehrung von Geld durch Geld. Letztere sind besonders einflussreich, weil sie für Regierungen und Volkswirtschaften (vermeintlich) unersetzlich oder systemrelevant geworden sind. Die Frage, wie heute Geld bereitgestellt werden soll, ist längst keine rein ökonomische, sondern vielmehr eine gesellschaftlichen Frage, und damit eine Schlüsselfrage: Wie wollen wir leben?

Wettbewerb statt Behördenwirtschaft

„Free Banking“ bedeutet, dass die Geschäftsbanken aus der Vormundschaft des Zentralbanksystems entlassen werden und ein freies Bankwesen entstehen darf. Das Ergebnis ist „Geldfreiheit“ (Hans F. Sennholz). Geld wird nicht mehr von einer de facto oder de jure staatlichen Behörde emittiert, sondern, wie bei anderen Gütern auch, privat durch im Wettbewerb stehende Unternehmen. Ein freies Geldwesen umfasst ein freies Bankenwesen – ohne Sonderprivilegien und mit unbeschränkter Haftung, idealerweise ohne staatlich Regulierung und Bankenrettungen, aber mit einer konsequenten Durchsetzung von Rechtsregeln. Historisch betrachtet waren die am wenigsten regulierten Geldwesen besonders erfolgreich im Hinblick auf Geldstabilität, wirtschaftliches Wachstum und die Vermeidung von Betrug, Falschmünzerei, Bankrun sowie übermäßiger Kreditvergabe. Immerhin sind derzeit weltweit über 60 Beispiele für Geldwesen bekannt, die Free Banking nahe kommen. Der amerikanische Ökonom Kurt Schuler konstatiert: „Free Banking war gebräuchlich im Britischen Empire, dem Orient und in Amerika. Selten kam es dagegen vor in Nord- und Osteuropa, Afrika, dem Mittleren Osten und in Kolonien, außer den britischen.“ Herausragende Erfolgsbeispiele finden sich in China (bereits vor 1000 Jahren), Brasilien und Schottland sowie weiteren kleinen Ländern wie Schweden und Belgien vor allem im 18. und 19. Jahrhundert. Selbstverständlich können die Marktteilnehmer frei entscheiden, was sie als Geld akzeptieren.

In einem freien Geldwesen entfällt die heute weltweit praktizierte Politisierung der Wirtschaft mit Hilfe des Geldes. Für Geldpolitik, Zinspolitik und staatliche Vorgaben wie Mindestreserven besteht kein Bedarf. Lender of last Resort („Kreditgeber der letzten Instanz“) und Bailouts („aus der Klemme helfen“) mit Steuergeldern für am Markt gescheiterte Unternehmen sind in einem freien Geldwesen nicht erforderlich. Das Geldmonopol der Regierung existiert genauso wenig wie ein gesetzliches Zahlungsmittel. Hingegen sind alle wettbewerblichen Alternativen und Bestrebungen nach einer Verbesserung des Gutes – anders als heute – erlaubt. Der freie Markt stellt das gewünschte Geld in der gewünschten Qualität und erforderlichen Menge zur Verfügung. Das Ergebnis kann sich historisch sehen lassen. Die Rede ist nicht nur von wunderbar anzusehenden Münzen aus Kupfer, Silber und Gold, sondern auch von einem ruhigeren Fluss der Wirtschaft; es fehlen monetär bedingte Teuerungen von Produkten, vielmehr können die Verbraucher den Produktivitätsfortschritt auch an sinkenden Preisen erkennen, und vor allem entfallen Währungszusammenbrüche zumal in Form von Hyperinflationen. Die Aufgabe des Staates beschränkt sich in einem freien Geldwesen auf die Durchsetzung von Verträgen und insbesondere den Schutz des Privateigentums.

Der Wettbewerb zwingt die Banken erfolgreich, ihren eigentlichen Aufgaben nachzukommen: Banken nehmen Einlagen entgegen und vergeben Kredite an Marktteilnehmer. Dabei werden sie sowohl zu einer strengeren Risikokalkulation gezwungen als auch zu einer marktgerechteren Solvenz- und Liquiditätsvorsorge. Erfolgreiche Banken werden ihre Kunden fair beraten müssen statt ihren Informationsvorsprung bei konstruierten Produkten für Provisionen auszunutzen. Anreize und Möglichkeiten für Spekulationsgeschäfte auf Aktien-, Devisen-, Renten-, Rohstoff und Interbankenmärkten werden schwinden.

Geldfreiheit ist keine Utopie, bei der alles perfekt abläuft. Bankiers treffen Fehlentscheidungen, vergeben schlechte Kredite und tätigen Fehlinvestitionen. Bankinsolvenzen legen wirtschaftliches Fehlverhalten offen. Ohne perfekte Menschen gibt es auch kein perfektes Geldwesen. Allerdings ist ein freies Geldwesen der herrschenden monetären Planwirtschaft haushoch überlegen. Die aktuelle Schuldenkrise wäre in einem freien Geldwesen genauso wenig möglich wie die voran gegangene Immobilien-, Finanz- und Weltwirtschaftskrise.

Der Wechsel vom heutigen Geldsystem mit einer Zentralbank zu einem „Free Banking“-Geldwesen macht lediglich eine politische Entscheidung erforderlich: die Privatisierung oder Entstaatlichung des Geldes. In Anlehnung an den Nobelpreisträger Friedrich August von Hayek ist dafür eine Freigeld-Bewegung erforderlich, die mit der Freihandelsbewegung des 19. Jahrhunderts vergleichbar ist. Bereits kurze Zeit nach dem Fall des Geldmonopols werden die Menschen über die vergangenen Anmaßungen spötteln wie über die heute Kopfschütteln auslösende Zeit des Postmonopols vor der Liberalisierung des Telekommunikationssektors.

Quelle: Währungsreform und neue Geldsysteme, Sonderpublikation der BoerseGo AG, Ferbruar 2012 S. 35-36.

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