Kapitalismus jenseits von Staat und Politik

28.3.2018 – Am 15. März ist das Buch BEYOND THE STATE AND POLITICS: CAPITALISM FOR THE NEW MILLENNIUM von Antony P. Mueller erschienen.

Das Buch hebt in den ersten Teilen die Notwendigkeit einer politischen und wirtschaftlichen Ordnung jenseits des gegenwärtigen Systems von Staatskapitalismus, politischer Parteipolitik und staatlicher Intervention hervor. Dabei erklärt der Autor, wie ein freier Kapitalismus funktioniert und wie es zur Entstehung von Wohlstand kommt. Die folgenden Kapitel zeigen die Zerstörung des Reichtums durch Sozialismus, Interventionismus und Wirtschaftspolitik. Der letzte Teil behandelt die Struktur einer libertären Ordnung und beschreibt die Auswahl des gesetzgebenden Organs und seiner Funktionen.

Nachfolgend veröffentlichen wir mit freundlicher Genehmigung einen Auszug aus „Beyond the State and Politics“.

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Antony P. Mueller

Die sozialdemokratische Ära neigt sich dem Ende zu. Jene Länder, die mit dem interventionistischen Wohlfahrtsstaat fortfahren, werden in den Staatsbankrott und in wirtschaftliche Not geraten. Mehr Sozialismus wäre noch schlimmer, da er neben den materiellen Entbehrungen zusätzlich politische Unterdrückung brächte. Der Ausweg ist ein marktwirtschaftlicher Kapitalismus, der Staat und Politik ersetzen wird.

Die neuen Technologien werden den gegenwärtigen politischen Apparat überflüssig machen und erlauben, die Funktionen der Regierung zu privatisieren. Unter einer anarcho-kapitalistischen, freien Wirtschaftsordnung fiele die gegenwärtige kolossale finanzielle Last an Steuern und Abgaben von den Schultern der Bevölkerung. Die Produktivität würde steigen, und die Lebenshaltungskosten würden sinken.

In den kommenden Jahrzehnten werden sich Bereiche wie Recht, Medizin, Bildung und öffentliche Verwaltung – jenen Tätigkeitsfeldern, in denen viele hochqualifizierte Akademiker stabile und gut bezahlte Positionen gefunden haben – grundlegend verändern. Im neuen Jahrhundert werden sichere Arbeitsplätze verschwinden oder drastische Veränderungen erfahren. Ein Hochschul-Abschluss reicht nicht mehr aus, um eine gutbezahlte und stabile Position zu garantieren. Eine große Welle der Substitution von Arbeitsplätzen, die sich im 19. Jahrhundert in der Landwirtschaft und im 20. Jahrhundert im verarbeitenden Gewerbe ereignete, wird jetzt im Dienstleistungssektor einschließlich der hochwertigen Tätigkeiten stattfinden.

Vollbeschäftigung ist ein Traum der Vergangenheit. Ebenso ist es eine leere Hoffnung, dass Regierung und Politik etwas dafür tun könnten. Garantierte Beschäftigung würde nur die Fehler des Sozialismus wiederholen. Interventionismus und makroökonomisches Management, welche Beschäftigung, Wachstum und finanzielle Stabilität bieten sollten, funktionieren nicht mehr. Noch schlimmer: Je mehr Aufgaben, Verantwortlichkeiten und Rechte wir der Regierung zuweisen, umso totalitärer wird der Staat. Die Herrscher würden im neuen Jahrtausend mit der modernen Technologie all die Werkzeuge erhalten, die nötig sind, um ein Regime der umfassenden Unterdrückung zu schaffen, bei dem keine Spur von menschlicher Freiheit und Würde mehr übrigbliebe.

Die Hoffnung für die neue Epoche ist nicht weniger, sondern mehr Kapitalismus. Die Instrumente staatlicher Intervention werden die Probleme nicht lösen. Je komplexer die Gesellschaft und die Wirtschaft werden, desto mehr braucht es Märkte als Instrument der Koordinierung und der privaten Initiative.

Der freie Kapitalismus liefert das Wesentliche, um zu Wohlstand und Freiheit zu gelangen: Effiziente Koordination individueller Pläne auf freiwilliger Basis und den höchstmöglichen Grad an Produktivität. Im Unterschied hierzu ist das derzeitige System des verwalteten Kapitalismus unfähig, mit den Herausforderungen der neuen Ära fertig zu werden. Nicht mehr Regierung ist die Lösung, sondern höhere Produktivität, und um eine höhere Produktivität zu erreichen, brauchen wir weniger Staat und weniger Politik. Der große Irrtum unserer Zeit ist, dem Ideal der (ohnehin unerreichbaren) „sozialen Gerechtigkeit“ zu folgen, anstatt ein Wirtschaftssystem mit der höchsten Ergiebigkeit der menschlichen Arbeitskraft zu schaffen.

Um den Herausforderungen des Arbeitsmarktes zu begegnen, wird eine drastische Senkung der Lebenshaltungskosten helfen. Dieses Ziel erfordert Produktivität, und nur der freie Kapitalismus kann die erforderliche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit erzeugen. Wir müssen den technologischen Fortschritt in all seinen Formen annehmen, denn nur so wird die Produktivität zunehmen. Produktivität ist nicht das Problem, sie ist die Lösung. Das Problem sind die Kosten des Staates und die nachteiligen Auswirkungen der staatlichen Aktivitäten auf die wirtschaftliche Leistungskraft.

Die Gesellschaft ist ein System der Koordination. Die Koordination kann vertikal oder horizontal sein: Entweder als Hierarchie von Kommandos und gewaltsamen Sanktionen oder als freiwilliger Austausch und Kooperation. Von allen bekannten Koordinationsverfahren funktionieren Märkte am besten. Es gibt kein anderes Produktionssystem, das der hohen Produktivität des reinen Kapitalismus gleichkäme.

Das gegenwärtige politische System ist keine Demokratie, sondern Parteienpolitik. Die Wirtschaft von heute ist keine freie Marktwirtschaft, sondern leidet unter Intervention und staatlicher Kontrolle.

Um unsere Freiheit und den Wohlstand zu bewahren und zu erhöhen, brauchen wir eine radikale Reduzierung des Staates und seiner Bürokratie. Der Anteil der Staatstätigkeit von rund der Hälfte an der Gesamtproduktion ist zu hoch. Die Staatsverschuldung wächst und treibt die Nation in Richtung Bankrott. Die Menschen tragen eine immense Steuer- und Abgabenlast. Um das Dilemma zu lösen, müssen die Lebenshaltungskosten sinken. Dieses Ziel erfordert Produktivität, und nur ein freier Kapitalismus kann die erforderliche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit bringen.

Der Dreh- und Angelpunkt sind nicht mehr Arbeitsplätze, sondern in einer Welt zu leben, in der man sich keine großen Sorgen um die Arbeit machen muss, weil die Dringlichkeit, eine feste Position zu haben, nicht so hoch ist wie jetzt. In einem freien Kapitalismus wäre die Produktivität der menschlichen Arbeitskraft so hoch, dass die Lebenshaltungskosten niedrig wären. Es wird Spitzenjobs geben, die gut bezahlt werden, aber diejenigen mit einer prekären Beschäftigungssituation müssen sich keine Sorgen machen, weil auch sie ein gutes Leben haben können – einschließlich Unterhaltung, die dank der neuen Technologien fast kostenlos ist. Es gäbe drastische Kostensenkungen in den Bereichen Medizin, Bildung und in der öffentlichen Verwaltung. Andere große Kostenposten, wie etwa Transport, würden ebenfalls im Preis fallen. Wenn Staat und Politik verschwinden oder zumindest auf ein Minimum reduziert werden, wird auch die Bedrohung durch Staatsterror wegfallen.

Die Organisation von Politik als System konkurrierender politischer Parteien ist ein Hindernis auf dem Weg zum neuen System. Moderne Demokratie ist Parteienpolitik. Kandidaten gewinnen durch falsche Versprechungen. Der Staat expandiert, ohne bessere Dienste zu liefern.

Die Wahl der Volksvertreter durch ein Losverfahren würde das verschwenderische und schädliche System der Parteienpolitik beseitigen. Die Auswahl der Mitglieder des Organs der Gesetzgebung nicht durch ein Wahlverfahren, sondern durch das Zufallsprinzip würde eine neue Ära eröffnen und den Schritt weg von der oligarchischen Herrschaft zu einer echten Demokratie kennzeichnen.

Zusammen mit der Abschaffung der Parteienpolitik würde die Privatisierung des Geld- und Rechtssystems den Weg zu einer Wirtschaft mit hoher Produktivität öffnen. Es würde keine Staatsverschuldung geben. Die Beitrags- und Steuerlast würde sinken. Mit den Lebenshaltungskosten verliert das Risiko der Arbeitslosigkeit seine Bedrohung. Unter einer freien kapitalistischen Ordnung würde eine vorübergehende oder anhaltende Arbeitslosigkeit nicht eine Notlage wie jetzt bedeuten.

Im Kapitalismus geht es darum, menschliche Arbeit durch Kapital zu ersetzen. Kapitalismus befreit uns von der Last schwerer und langweiliger Tätigkeiten. Nicht der Sozialstaat macht unser Leben leichter, sondern eine hohe Produktivität, die der freie Kapitalismus hervorbringt.

Neben den Sorgen, wie man Arbeit bekommt, lauert eine noch dunklere Gefahr, wenn wir so weitermachen wie bisher. Wenn es uns nicht rechtzeitig gelingt, unser Leben zu entpolitisieren, werden die neuen Technologien zu Instrumenten totalitärer Kontrolle in den Händen der Regierungen. Mit den neuen technischen Mitteln der Überwachung und Herrschaft könnte ein moderner totalitärer Staat den Terror und die Unterdrückung von allem, was aus der Geschichte bekannt ist, übertreffen. Der Staat ist nicht nur überflüssig und eine Gefahr für die menschliche Freiheit, sondern er ist zu einer Bedrohung der menschlichen Existenz geworden. Je umfassender der Staat, desto größer die Bedrohung. Wir müssen die Macht des Staates verringern und die Politik reduzieren, um unsere Freiheit zu erhalten.

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Dr. Antony P. Mueller (antonymueller@gmail.com) ist habilitierter Wirtschaftswissenschaftler der Universität Erlangen-Nürnberg und derzeit Professor der Volkswirtschaftslehre, insbesondere Makroökonomie, an der brasilianischen Bundesuniversität UFS (www.ufs.br), wo er am Zentrum für angewandte Wirtschaftsforschung und an deren Konjunkturbericht mitarbeitet und im Doktoratsprogramm für Wirtschaftssoziologie mitwirkt. Dr. Müller ist außerdem Mitglied des Ludwig von Mises Institut USA und des Mises Institut Brasilien und leitet das Webportal Continental Economics (www.continentaleconomics.com).

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Hinweis: Die Inhalte der Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Ludwig von Mises Institut Deutschland wieder.

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