OXFAM und der Schmäh mit der Verteilung des Reichtums

2.2.2018 – von Andreas Tögel.

Andreas Tögel

Man kann die abgeschmackte Parole von der angeblich stetig wachsenden materiellen Ungleichheit in der Welt schon nicht mehr hören. Besonders dann nicht, wenn dem Lamento offenkundig falsche Daten zugrunde liegen. Vor exakt einem Jahr, rein zufällig ebenfalls punktgenau zur Eröffnung des Davoser Wirtschaftsforums, präsentierte die international bestens vernetzte NGO OXFAM eine Studie, mit der sie beweisen wollte, dass die acht reichsten Personen auf dieser Welt ein ebenso großes Vermögen angehäuft hätten wie die gesamte ärmere Hälfte der Menschheit zusammen. Wie furchtbar. Jetzt allerdings räumen die Studienautoren eine klitzekleine Fehleinschätzung ein. Die im Vorjahr kolportierte Zahl der Hyperreichen hätte in Wahrheit 61 lauten müssen.

Das trifft sich natürlich gut, denn auf diese Weise kann man die extreme Konzentration von Reichtum bei nunmehr (angeblich) 48 Personen, die als aktueller Stand ausgewiesen wird, als weitere Zunahme der Verteilungsungerechtigkeit verkaufen. Eine Entwicklung von acht auf 48 dagegen, hätte der marxistischen Grundthese (der ständig zunehmenden Vermögenskonzentration im Kapitalismus) widersprochen und wäre im beherzten Kampf für die Ergebnisgleichheit nicht so gut zu vermarkten gewesen. Darüber, wie die von OXFAM vorgelegten Daten im Lichte dieser zielgerichteten „Korrektur“ zu beurteilen sind und welche Relevanz den daraus abgeleiteten Forderungen zukommt, möge sich der geneigte Leser selbst sein Urteil bilden.

Die ermüdende Debatte über die zunehmende Ungleichheit ist übrigens insofern von ausschließlich akademischem Interesse, als der absolute Wohlstand auch der Ärmsten der Armen seit vielen Jahren kontinuierlich zunimmt. Der Anteil der absolut armen Bewohner des irdischen Jammertals hat in den letzten dreißig Jahren – allen Unkenrufen von OXFAM & Genossen zum Trotz – dramatisch abgenommen, nämlich um rund drei Viertel. Und das, obwohl sich die Weltbevölkerung, man höre und staune, im gleichen Zeitraum um mehr als die Hälfte vergrößert hat!

Es ist auch völlig belanglos, wenn ein Superreicher anstatt 30 Mrd. Euro nun vielleicht 35 Mrd. besitzt. Ob Dagobert Duck einen oder zwei Privatjets und zwei oder drei Luxusyachten besitzt, wen – außer ein paar neidgetriebene Soziologen und Politikwissenschaftler – kümmert´s? Solange ein Armer anstatt zwei Dollar pro Tag plötzlich drei Dollar zur Verfügung hat, ist das weiter zunehmende Vermögen des Nabobs absolut uninteressant. Die gemessene Vermögensungleichheit hat in diesem Fall zwar weiter zugenommen, aber die Lebenssituation ist nur für den Armen verändert worden – und zwar ganz entscheidend zum Besseren. Offenbar ist die von Bertolt Brecht in Versform verdichtete, sozialistische Legende von der durch den Reichtum des einen bedingten Armut des anderen nicht auszurotten:

Reicher Mann und armer Mann
standen da und sahn sich an.
Und der Arme sagte bleich:
»Wär ich nicht arm, wärst du nicht reich«.

Doch das ist pure Polemik. Arbeitsteiliges Wirtschaften ist kein Nullsummenspiel. Wer daran teilnimmt, wie zum Beispiel die nach dem Zweiten Weltkrieg bitterarmen „Tigerstaaten“ des Fernen Ostens, gewinnt; wer daneben stehenbleibt und zusieht, wie viele Länder Subsaharaafrikas, verliert. Keiner, außer den scheinheiligen Agenten der Wohlfahrtsindustrie, zieht Nutzen aus der Armut anderer. In einem „kapitalistischen“, arbeitsteiligen System, kann keine Rede von einer „Ausbeutung“ der Armen durch die Reichen sein. Tatsächlich profitieren immer beide Seiten.

Die Skandalisierung von Reichtum fördert allein jene verderblichen Neidgefühle, die von den Sozialisten in allen Parteien zwecks Stimmenmaximierung so hingebungsvoll und nicht ohne Erfolg gepflegt werden. Dabei wäre es doch wesentlich sinnvoller, alle Kraft auf die Bekämpfung der Armut zu konzentrieren, was nur gelingen kann, wenn möglichst viele Menschen an der Produktion teilnehmen. In hohem Maße wertschöpfende Arbeit aber bedingt nun einmal das Vorhandensein von Produktivkapital – oder anders ausgedrückt: von „Reichtum“. Es geht um Vermögen, die in Unternehmen stecken, die für die kollektive Wertschöpfung und Wohlstandserzeugung unverzichtbar sind, nicht etwa um Luxuspenthäuser, Nerzmäntel, Brillantcolliers und Gemälde alter Meister, wie linke Gleichheitsfanatiker alle Welt glauben machen wollen. Der zum allergrößten Teil in den Unternehmen gebundene „Reichtum“, der doch zuallererst den proletarischen Massen nutzt, ist es, der von OXFAM und anderen Champions der Gleichmacherei attackiert wird. Lord Dalberg-Acton (1834-1902) stellte zu dieser Problematik bereits vor mehr als 100 Jahren fest:

„Die Arbeiterklasse hat durch eine Schädigung des Kapitals mehr zu verlieren als die Kapitalisten, denn was für letztere den Verlust von Luxus und Überfluß heraufbeschwört, bedeutet für erstere den Verlust des Notwendigen.“

Der derzeit hochaktuelle Fall der insolventen Niki-Luftfahrtgesellschaft ist typisch für die zum Teil erstaunlich abseitigen Reaktionen vermeintlich Unterprivilegierter. Nachdem es schon nach Konkurs, Abwicklung und dem Verlust sämtlicher Arbeitsplätze ausgesehen hatte, konnte der einstige Gründer des Unternehmens, Niki Lauda, die marode Airline nach zahlreichen Turbulenzen zurückkaufen und (vorerst) am Leben erhalten. Lauda hätte sich mit seinem Geld auch einen schönen Lebensabend machen und die Puppen tanzen lassen können – er ist immerhin bald 69 Jahre alt. Er zieht es aber vor, in der Luftfahrtbranche weiterzuarbeiten. Anstatt sich aber darüber zu freuen, dass es jemand gibt, der unter erheblichem Einsatz von Energie und Kapital rund 1.000 Arbeitsplätze zu erhalten bereit ist, fällt der Belegschaftsvertretung nichts Besseres ein, als lauthals zu beklagen, wie „unsozial“ der Investor und Ex-Rennfahrer, der zudem Gewerkschafter nicht liebt, doch in Wahrheit sei. Meint der Betriebsrat ernsthaft, es wäre am Ende besser, arbeitslos zu sein? Im alle Werte auf dem Kopf stellenden sozialistischen Wohlfahrtsstaat wäre das immerhin möglich.

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Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist gelernter Maschinenbauer, ausübender kaufmännischer Unternehmer und überzeugter “Austrian”.

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Hinweis: Die Inhalte der Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Ludwig von Mises Institut Deutschland wieder.

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