US-Sanktionen gegen Russland – ein Schlag gegen die Freiheit

31.7.2017 – von Jeffrey Tucker.

Jeffrey Tucker

Wieder einmal verhängt der US-Kongress weitreichende Sanktionen gegen ein Land, diesmal gegen Russland. Was steckt dahinter? Die Sanktionen sind rein symbolischer Natur, angeblich als Antwort auf Hackerangriffe und Einmischung Russlands – als ob ein ganzes Land für die angeblichen Handlungen einiger Leute oder sogar eines Einzelnen zur Verantwortung gezogen werden sollte, ohne dass es auch nur den kleinsten Beweis für Ermutigungen oder Unterstützung durch höchste Stellen gäbe. Und selbst wenn es so wäre, warum sollte ein ganzes Land an den Handlungen seiner Führer schuld sein?

Niemand denkt an die Folgen – es geht ausschließlich darum, innenpolitische Punkte zu sammeln.

Niemand glaubt ernsthaft, dass Wladimir Putins Antwort lauten wird: „Ok, ich habe hier etwas unrechtes getan. Und jetzt, wo ich sehe, dass es die USA ernst meinen und mein Land bestrafen, muss ich mich wirklich ändern, nicht mehr sündigen, und mich in Zukunft von allen Sünden fernhalten.“

Entschuldigung – oder auch nicht

Nein, das wird nicht passieren. Stattdessen werden Ausländer in gewissem Umfang den Zugang zu einem Teil der Kultur eines anderen Landes verlieren. Ein Land wird isoliert, und der Informations- und Güterfluss hinein und hinaus wird eingeschränkt. Die Führung dort hat nun einen bequemen Sündenbock, gegen den sie das Volk aufwiegeln kann. Kuba, Nordkorea und Iran sind der beste Beweis dafür. Dort kann man auch die erbärmlichen Resultate dieser Strategie sehen.

Wenn wir uns die Ergebnisse anschauen, müssen wir Wirtschaftssanktionen, die von den USA in größerem Umfang als von jedem anderen Land eingesetzt werden, insbesondere seit dem 11. September 2001, als eine gescheiterte Strategie bezeichnen. (Als einzigen Erfolg könnte man Südafrika in den 1980ern ansehen, wo allerdings Reformen schon lange vor den Sanktionen begonnen wurden. Es ist sogar möglich, dass Sanktionen sie verzögert und gefährliche Faktoren gestärkt haben.)

Putin hat schon begonnen, mögliche US-Sanktionen als Beweis dafür zu verwenden, wie verfahren die politische Situation in den USA ist, und wie sehr die USA ihn fürchten. Allein dies gibt ihm Anlass zu Stolz, worum es ihm mehr als alles andere zu gehen scheint. Dies trägt zu seiner Popularität bei – genauso wie unter anderem bei Castro. „Seht ihr, wie toll ich bin? Die USA fürchten mich!“

Wem nützten Sanktionen?

Es wird oft vergessen, dass fast alle Menschen nationalistische Gefühle hegen und jeder Mann und jede Frau stolz auf ihr Land ist. Jeder ist geneigt, zu glauben, sein Land sei das beste, und dass andere ihr Heimatland nicht genug würdigen. Wenn ein fremdes Land gegen das eigene agitiert, neigen die Leute nicht dazu, sich schlecht zu fühlen, sondern wütend zu werden. Für Diktatoren sind deshalb Sanktionen einer fremden Imperialmacht ein Geschenk, ein perfekter Sündenbock und ein mächtiger Quell politischer Unterstützung. Deshalb gehen Sanktionen oft Kriegen voraus.

Wem schaden sie?

Lassen Sie mich über ein oft übersehenes Merkmal von Sanktionen sprechen: Sie verführen Amerikaner und andere vollkommen unschuldige Menschen. Dies ist vielleicht sogar ihr wichtigster Effekt. Sie stärken die Macht des Staates über die Menschen außerhalb des Ziellandes, und reduzieren so die Freiheit aller Menschen.

Alle Sanktionsprogramme der USA werden durch das Office of Foreign Assets Control des Schatzamtes umgesetzt. Diese Behörde hat keinerlei Kontrolle über die inneren Angelegenheiten eines anderen Landes, gegen das Sanktionen verhängt werden. Es kann nur gegen Menschen ermitteln, die sich in Reichweite der US-Gerichtsbarkeit befinden oder die mit US-Firmen zu tun haben. Die Macht dieser Behörde richtet sich nicht gegen Kriminelle, sondern gegen Großbanken und Firmen mit Geschäftsbeziehungen zu den Zielländern.

Denken wir an Rex Tillerson, den gegenwärtigen Außenminister und ehemaligen CEO von Exxon Mobil. Was immer man von seiner Politik halten mag – Exxon Mobils Tätigkeiten in Russland unter seiner Führung waren für die Konsumenten und die Ölproduktion generell von Nutzen. Unter seiner Führung verstieß die texanische Firma allerdings gegen neue Sanktionen gegen Russland.

Es hätte ein normales Geschäft werden sollen, eine fantastische Sache für alle, der krönende Abschluss jahrelanger Vorbereitungen und Verhandlungen. Stattdessen maßte sich das US-Schatzamt an, einer amerikanischen Firma zu sagen, was diese mir ihrem Eigentum tun darf und wie sie ihre Entscheidungen zu treffen habe. Das ist keine Freiheit, sondern ein Eindringen des Staates in Angelegenheiten, die ihn nichts angehen. Es schadet Amerikanern und allen anderen in einer globalisierten Wirtschaft.

Beschlagnahme von Vermögen

Sprechen wir von Elliott Smith, einem britischen Programmierer, der kürzlich nach Kuba gereist war. Er warf einen Blick auf die Coinbase-App auf seinem Smartphone, um seine Gewinne zu prüfen, und schloss sie sofort wieder. Er tätigte keine Käufe oder Verkäufe oder sonstige Aktivitäten. Allerdings wurde sein Standort an die Firma übertragen.

Daraufhin erhielt er folgende Nachricht:

„Wir haben Anlass zu der Annahme, dass Sie Ihren Wohnsitz in einem Land (Kuba) haben, mit dem es Coinbase durch Sanktionen des Office of Foreign Assets Control des US-Schatzamtes untersagt ist, Geschäftsbeziehungen zu unterhalten. Deshalb mussten wir leider Ihr Konto schließen.

Sollten Sie keinen Wohnsitz in einem sanktionierten Land haben oder diese Nachricht aus anderen Gründen fälschlicherweise erhalten haben, nehmen Sie bitte sofort mit uns Kontakt auf und übermitteln Sie uns eine Kopie Ihres Lichtbildausweises und einen Nachweis Ihres gegenwärtigen Wohnsitzes.

Sollte sich auf Ihrem Konto ein Guthaben befinden, müssen Sie das US-Schatzamt um Erlaubnis bitten, wieder Zugang zu ihrem Guthaben zu erlangen.“

Kurz, die US-Regierung stahl all sein Geld im Namen der Sanktionsvollstreckung, obwohl er britischer Staatsbürger ist. Mehr als zwei Monate später hat er immer noch keinen Zugriff auf sein Geld oder sein Konto. All das geschah im Namen der Sanktionsvollstreckung gegen Kuba, aber betraf niemanden in Kuba in irgendeiner Weise. Die Macht des Staates traf ausschließlich einen unschuldigen Unbeteiligten.

Mein Argument wird hier deutlich. Bei Sanktionen geht es um die Kontrolle über Menschen – gar nicht einmal so sehr im Zielland, in dem die US-Gerichtsbarkeit keine Macht besitzt, sondern über die, die mit dem Zielland in Geschäftsbeziehungen stehen. Es handelt sich dabei um staatlichen Zwang gegen Unschuldige, eine regulative Bürde für Unternehmen. Über diesen Weg werden Sanktionen erzwungen.

Im Falle Russlands, das eng in den Welthandel eingebunden ist, werden US-Sanktionen nicht nur US-Firmen betreffen, sondern auch europäische Firmen. So ist es nicht verwunderlich, dass die Europäische Union über Strategien zum Schutz der eigenen Industrien und ihrer finanziellen Interessen nachdenkt.

Und all dieser Gewalteinsatz dient genau welchem Zweck? Um Russland zu „bestrafen“. Aber der russische Staat wird nicht bestraft (im Gegenteil), das russische Volk hingegen schon – und nicht nur das russische Volk. Menschen, die Arbeits- und Handelsbeziehungen mit Menschen in Russland unterhalten, werden völlig ohne Grund bestraft. Und bei all dem geht es – hier hat Putin Recht – um Innenpolitik.

Die USA wollen sich in einem Duell mit Russland als der starke Mann präsentieren, worüber Putin nur lachen kann. Die staatliche Macht über Händler und Geschäftsleute nimmt zu, und das Wachstum des Welthandels – der beste Weg zu weltweitem Wohlstand und Frieden – wird wieder einmal gebremst.

Gibt es noch Menschen, die der Meinung sind, dass der republikanische Kongress besser beraten wäre, ein paar Steuern zu senken, Regulierungen oder Obamacare abzuschaffen, und andere Dinge zu tun, die die Freiheit der Menschen vergrößern, anstatt die staatliche Macht über den Handel zu auszuweiten?

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Aus dem Englischen übersetzt von Florian Senne. Der Originalbeitrag mit dem Titel The Russia Sanctions Are about Controlling Americans ist am 25.7.2017 auf der website der Foundation of Economic Education erschienen.


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Jeffrey Tucker ist verantwortlicher Director of Content für the Foundation for Economic Education and CLO des Startups Liberty.me. Er ist Autor von fünf Büchern und tausender Artikel. Er spricht regelmäßig beim FEE Sommer Seminar. Sein neustes Buch ist Bit by Bit: How P2P Is Freeing the World.

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Hinweis: Die Inhalte der Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Ludwig von Mises Institut Deutschland wieder.

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