Die befreiten Staaten von Amerika

24.2.2017 – von Llewellyn H. Rockwell Jr.

Llewellyn H. Rockwell Jr.

Manche Dinge setzen wir so selbstverständlich voraus, dass wir uns dessen gar nicht bewusst sind.

Zum Beispiel nehmen es alle als selbstverständlich hin, dass ein Land mit 320 Millionen Einwohnern von einer einzigen Zentralgewalt beherrscht wird. Uns wird lediglich die Debatte darüber zugestanden, wer diese groteske und unmenschliche Funktion ausüben soll.

Stattdessen sollten wir folgende Debatte führen: Wie wäre es, wenn wir einfach von dieser abenteuerlichen Vorstellung ablassen und getrennte Wege gehen? Dieser Gedanke findet immer mehr Anklang – zwar viel zu spät, aber besser spät als nie.

Lange Zeit schien es so, als ob der Gedanke an Sezession im heutigen Amerika keine Chance mehr hätte. Schließlich wird schon amerikanischen Schulkindern beigebracht, dass Sezession mit Sklaverei und Verrat zu tun hat. Amerikanische Journalisten behandeln die Vorstellung so, als ob ihre Lächerlichkeit und Verabscheuungswürdigkeit völlig offensichtlich wäre (ganz im Gegensatz zu ihrer Behandlung von US-Kriegspropaganda, wie ich hinzufügen möchte).

Und doch war nur die Wahl von Donald Trump nötig, um dem Gedanken an Sezession all diese Schrecken zu nehmen. Die grundsätzliche Ablehnung des Sezessionsgedankens und die Treue gegenüber der heiligen Union waren am 8. November über Nacht verschwunden. Heute ist bei einer Umfrage einer von drei Kaliforniern für die Abspaltung Kaliforniens von der Union.

Mit anderen Worten, es kommen immer mehr Menschen zu der Einsicht, dass das ganze System bis tief in den Kern verrottet ist und in den Mülleimer der Geschichte gehört.

Es stimmt allerdings, dass die meisten Linken noch nicht dieser Meinung sind. Viele haben sich den gruseligen Slogan „not my president – nicht mein Präsident“ zu eigen gemacht. Sie wollen also nicht von dieser einen Person beherrscht werden und wollen nicht, dass diese alle Bereiche ihres Lebens kontrolliert und die Macht besitzt, den gesamten Planeten zu zerstören – aber sie hätten es natürlich gerne, dass irgendjemand anders all diese Macht besitzt.

Mit anderen Worten, sie sind nicht wirklich Systemgegner. (Im Gegensatz zu uns Libertären.) In ihren Augen besteht das Problem lediglich darin, dass die falschen Leute an der Macht sind.

So hatten Linke, die einst für „small is beautiful“ und „Autorität in Frage zu stellen“ eintraten, überhaupt keine Probleme damit, die ausufernden Bundesbehörden zu begrüßen, die für Erziehung, Gesundheit, Wohnungsbau sowie praktisch alle anderen wichtigen Lebensbereiche zuständig sind. Und diese Behörden dürfen selbstverständlich nicht in Frage gestellt werden (es sei denn ihre Leiter wurden von Trump ernannt – dann darf man sie natürlich ignorieren).

Währenddessen haben die Rechten die Abschaffung des Erziehungsministeriums praktisch seit seiner Gründung 1979 gefordert. Aber nichts ist seitdem geschehen. Es ging vielmehr darum, dafür zu sorgen, dass das Ministerium von Republikanern geleitet wird.

Beide Seiten verwenden unglaubliche Mengen an Ressourcen darauf, die Herrschaft über die Bundesbehörden an sich zu reißen und mit ihrer Hilfe über das ganze Land zu herrschen.

Wie wäre es, wenn damit Schluss ist?

Keine bundesweiten Lehen mehr, kein uniformer Zwang mehr für 320 Millionen Menschen, keine Diktate an alle von einer einzigen Stelle mehr.

Das ist sicher radikal, und als Schulkinder wurden wir auf diese Vorstellung nicht vorbereitet. Aber was ist daran so unvernünftig? Ist dieser Vorschlag nicht vielmehr äußerst sinnvoll? Hoffentlich denken zahlreiche Menschen jetzt zum ersten Mal ernsthaft über diese einfachen und menschlichen Fragen nach.

Scheint es vorstellbar, dass die Linke tatsächlich so unzufrieden ist, dass sie ernsthaft über Sezession nachdenkt?

Folgendes weiß ich darüber. Einerseits haben die Linken den langen Marsch durch die Institutionen hinter sich: Universitäten, die Medien, die Popkultur. Sie hatten die Absicht, die amerikanische Gesellschaft radikal zu verändern. In diese Aufgabe haben sie enorme Mengen an Zeit und Geld investiert. Sezession würde bedeuten, die Serie ihrer Siege zu beenden, was äußerst unwahrscheinlich erscheint, nachdem sie so unglaublich viel in diesen langen Marsch investiert haben.

Gleichzeitig scheint es vorstellbar, dass die kulturellen Eliten die amerikanische Mittelschicht mittlerweile so sehr verachten, dass sie bereit sind, all diese Kosten einfach abzuschreiben und sich zu verabschieden.

Was auch immer davon stimmt – wir sollten alle Gedanken und Bestrebungen in Richtung Dezentralisierung und Sezession begrüßen und ermutigen, so dass man wieder unbefangen über diese einst geächteten Optionen diskutieren kann.

Ich kann schon die Einwände des libertären Washingtoner Establishments hören, die keinesfalls in dem Ruf stehen, für politische Dezentralisierung zu sein. Im Gegenteil, sie sehnen sich nach dem Tag, an dem libertäre Richter und Gesetzgeber dem ganzen Land von oben herab Freiheit verordnen werden. Und auf der Basis halten sie Gerede über die Rechte der Staaten, Annullierung und Sezession – Themen, zu denen sie absolut konventionelle und politisch korrekte Meinungen haben – einfach nur für peinlich.

Wie wollen sich Leute mit solchen Ideen bitte mit dem FED-Vorsitzenden anlegen?

Natürlich wäre es uns am liebsten, wenn überall Freiheit herrschen würde. Aber derjenige, der nicht auch kleinere Siege begrüßen würde – die einzigen, die sich in Reichweite befinden – , wäre ein Narr.

Die großen Libertären – von Felix Morley und Frank Chodorov über Murray Rothbard bis zu Hans-Hermann Hoppe – waren stets für politische Dezentralisierung; F. A. Hayek sagte einst, dass in Zukunft in kleineren Staaten mehr Freiheit herrschen würde. Für uns ist das ganz sicher der richtige Weg, wenn wir nennenswerte Veränderungen zu unseren Lebzeiten erreichen wollen.

Thomas Sowell bezog sich auf zwei miteinander im Wettbewerb befindliche Vorstellungen, die den Kern unzähliger politischer Debatten bilden: die der Beschränktheit und die der Unbeschränktheit. In der beschränkten Vorstellung kann man die Natur des Menschen nicht wesentlich verändern – seinem Leben wohnt ein Element der Tragik inne, und es gibt wenig, das die Politik mit großartigen Plänen daran ändern könnte. Anhänger der unbeschränkten Vorstellung dagegen glauben, die einzige Grenze der Machbarkeit gesellschaftsklempnerischer Visionen bestünde in dem, was der Pöbel sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt gefallen lässt.

Dieser Wettbewerb der Vorstellungen strebt gerade seinem Endkampf entgegen. So beobachtet Angelo Codevilla, dass die Linke ihr Blatt überreizt hat. Die normalen Menschen haben die Grenzen ihrer Toleranz gegenüber linker Einschüchterung und Indoktrination erreicht, und sie schlagen zurück.

Wir können diesen Kampf bis zum Ende führen, oder wir können getrennte Wege gehen.

Wenn ich von getrennten Wegen spreche, dann meine ich nicht, „die Linken“ gehen in die eine Richtung und „die Rechten“ in die andere. Ich meine, die Linken gehen in die eine Richtung und alle anderen – in der Tat eine sehr multikulturelle Gruppe – gehen in eine andere. Menschen, die gerne mit ihrer moralischen Überlegenheit über alle anderen angeben und diese in die ganze Welt hinausposaunen, und die am liebsten alle Unterschiede mit der Dampfwalze einebnen, selbstverständlich im Namen von „Multikulti“, sollten in eine Richtung gehen, und alle, die über so etwas nur den Kopf schütteln können, sollten in die andere gehen.

Vor etwa einhundert Jahren war schon Ludwig von Mises der Meinung,

„kein Volk, und keine Gruppen von Menschen sollte gegen ihren Willen in einer politischen Union gehalten werden, wenn sie es nicht wünscht.“

Dieser einfache Satz enthält so viel Weisheit. Und so viel Konflikt und Leid könnte vermieden werden, wenn wir uns nur daran halten würden.

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Aus dem Englischen übersetzt von Florian Senne. Der Originalbeitrag mit dem Titel Break Up the USA ist am 18.2.2017 auf der website LewRockwell.com erschienen.

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Llewellyn H. Rockwell Jr. ist Gründer und Chairman des Ludwig von Mises Institute in Auburn, US Alabama.

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Hinweis: Die Inhalte der Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Ludwig von Mises Institut Deutschland wieder.

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