Legalisiert die Drogenmärkte

12.9.2016 – von Chris Calton.

In einem freien Markt sind Konsumgüter bemerkenswert heterogen. Wir kaufen nicht einfach nur Ketchup, sondern müssen uns zwischen normalem, organischem, zuckerreduziertem, natriumarmen und vielen weiteren Sorten entscheiden. Darüber hinaus müssen wir auch zwischen Marken wie Heinz, Kraft und Knorr und vielen mehr wählen. Tatsächlich war es John Henry Heinz, welcher zuerst seinen Namen in Verbindung mit seinen unverfälschten, industriell hergestellten Lebensmitteln vermarktete, und sich so von seiner Konkurrenz abgrenzen konnte.

Die ökonomische Funktion der Vermarktung

Aus ökonomischer Sicht erfüllen Markennamen eine sehr wichtige Funktion. In Basic Economics erklärt Thomas Sowell, dass die Etablierung von Markennamen „ein Weg ist, um spärliches Wissen zu ökonomisieren und um Produzenten zu zwingen, über Qualität und Preis zu konkurrieren.“[1] Es gibt vielleicht gar keinen physikalischen Unterschied zwischen Heinz und Knorr und ein Konsument, der so denkt, wird einfach das billigere Produkt erwerben. Falls aber der Konsument nicht mit einer der Marken vertraut ist, muss er den Kostennutzen der billigeren Marke gegen das Risiko, ein schlechteres Produkt zu konsumieren, aufrechnen: Das Produkt mit dem Markennamen verspricht eben eine bessere Qualität.

Dies enthält wichtige Implikationen für den Schwarzmarkt. In der Sowjetunion wurden beispielsweise keine Marken zugelassen, um dadurch die Heterogenität der Produkte zu reduzieren. Sowjetbürger umgingen diese Problematik, indem sie lernten, die Barcodes der Produkte zu lesen, welche in den besseren Fabriken produziert worden waren.

Vermarktung im Drogenbereich hat besonders wichtige Implikationen. Wenn Güter kriminalisiert werden, werden Schmuggler nach wie vor damit handeln, aber die Möglichkeit, eine konsistente Marke zu etablieren, wird unterdrückt. Dafür müsste es einen Produzenten geben, der den illegalen Handel lange genug durchhält, um sich eine Reputation aufbauen zu können; der es in Abwesenheit von öffentlicher und legitimierter Reklame schafft, diese Information zu verbreiten und darüber hinaus über einen Durchsetzungsmechanismus verfügt, um Zwischenhändler von der Veränderung seines Produkts abhalten zu können.

Natürlich gab es bereits Versuche, das mangelnde Wissen am Schwarzmarkt zu ökonomisieren. Während des Vietnamkriegs betrieb der laotische General Ouana Rattikone einen international erfolgreichen Opiumring. Er produzierte „Nr. 3 Heroin“, welches drei Veredelungsstufen durchlief und normalerweise eine durchschnittliche Reinheit zwischen 20 und 40% erlangte. Sein Heroin jedoch erreichte durchwegs eine Reinheit um die 50%. Da es sich dabei um ein stetig höherwertigeres Gut handelte, etablierte Rattikone das Markenzeichen „999“ für sein Heroin (inspiriert von der 99,9 des Goldstandards). Obwohl sein Heroin keine 99,9%ige Reinheit aufwies, wurde sein Markenname mit einer speziellen Qualität in Verbindung gebracht, auf die die Konsumenten vertrauen konnten.

Die Konkurrenz reagierte, indem sie begann, reineres Heroin zu produzieren. „Nr. 4 Heroin“ durchläuft eine zusätzliche Veredelungsphase, welche riskanter ist und höher qualifizierte Drogenchemiker benötigt, dafür aber eine Reinheit von über 80% erreicht. So lange Rattikone seine eingeführte Geschäftspraxis beibehielt, wurde seine „999“-Marke als Erkennung für Heroin mit geringerer Qualität im Markt des reineren „Nr. 4“ angesehen.

Rattikone passte sich jedoch erfolgreich an. Er errichtete seine eigenen Raffinerien für Nr. 4 Heroin und in den frühen 70er Jahren besaß er die größte Nr. 4 Raffinerie in Indochina. Für dieses neue Produkt etablierte er die Marke „Double UOGlobe“ oder „Double Lion Earth Brand“ für die Chinesen. Unter dem Markenzeichen, welches 100% Reinheit versprach, befand sich eine Warnung an die Konsumenten: „Vorsicht vor Nachahmungen“.[2]

An diesem Punkt würden Kritiker des freien Marktes einwerfen, dass dies ein Argument gegen den Wettbewerb und die Vermarktung von gefährlichen Gütern sei. Dies wäre jedoch eine vorschnelle Kritik.

Nicht nur, aber teilweise auch wegen des Vietnamkriegs, wurde Heroin ab den 1970er Jahren in den USA populär. Schmuggler begannen, massenhaft hochprozentiges Heroin in die USA zu exportieren, sodass Mitte der 70er das Goldene Dreieck von Indochina rund 70% des Weltangebots an Opium produzierte.

Schwarzmarktdrogen sind gefährlicher

In The Economics of Prohibtion beschreibt Mark Thornton detailliert, warum verbotene Substanzen eine höhere Wirkkraft enthalten, als erlaubte Substanzen. Laut dem später so bezeichneten „Eisernen Gesetz der Prohibition“ wird ein Rauschmittel, nur weil es kriminalisiert wurde, nicht vom Markt verschwinden, sondern lediglich in dessen stärksten Ausformungen angeboten werden. Beispielsweise waren während der Prohibition von Alkohol starke Schnäpse relativ beliebter als Bier und nach der Abschaffung des 18. Zusatzartikels kehrte sich dieser Trend wieder um.

Die Gründe für dieses Phänomen sind einerseits die relativ niedrigeren Kosten der hochprozentigeren Drogen, wenn es zu einem einheitlichen Anstieg der Kosten für sämtliche Drogen kommt, ähnlich eines Anstiegs von Verbrauchssteuern oder von Transportkosten. Andererseits wird im Falle von Schmuggelgütern alles mit einem höheren Grad an Wert pro Gewicht für Schmuggler profitabler, was klarerweise auf stärkere Drogen zutrifft.

Die wirkliche Gefahr dabei besteht darin, dass dieses Phänomen lediglich auf die Transaktion zwischen den Schmugglern und den einheimischen Zwischenhändlern der Drogen zutrifft, nicht aber auf die Transaktion mit den Konsumenten. In einem Land, in dem Heroin illegal ist, wie in den USA, sind es die einheimischen Zwischenhändler, welche die hochprozentigen Drogen erwerben. Bevor sie diese dann an die Konsumenten verkaufen, strecken sie die Drogen mit anderen Substanzen und erhöhen so ihre Gewinnspannen.

Dort, wo das Verbot strenger durchgesetzt wird, wird es immer schwieriger, eine konsistente Marke aufzubauen. Vielleicht könnte dies einem vertrauenswürdigen Dealer gelingen (denken Sie an die Szene aus Pulp Fiction, in der John Travoltas Charakter einen Heroindeal aushandelt), aber sobald ein Konsument sein Produkt von einem neuen Dealer erwerben muss, ist das Wissen über den ersten Dealer nutzlos. So etwas passiert nicht, wenn ein Konsument sein Heinz-Ketchup nicht mehr bei „Kroger“, sondern bei „Wal-Mart“ kauft, wo Marken aufgebaut und gepflegt werden können.

Das logische Resultat dieser Verteilerpraxis, also dem Import von hochwertigem Heroin und dem Strecken vor dem Weiterverkauf, ist, dass Konsumenten nicht wissen können, welche Konsistenz an Heroin sie erwerben; sie können kein „Markenwissen“ ökonomisieren, was einen signifikant negativen Einfluss auf die Zahl von Überdosierungen hat.

Es ist ein weitverbreitetes Missverständnis, dass Heroinabhängige sich immer höhere Dosen spritzen um damit ihrem Rausch hinterherzujagen, bis sie schlussendlich überdosieren. Die Realität, welche in Ländern wie Portugal und der Schweiz beobachtet werden kann, seitdem dort Heroin entkriminalisiert wurde, ist, dass Abhängige ihren Konsum bis zu einem gewissen Punkt erhöhen, um ihn dann solange dort zu stabilisieren, bis sie ihn schließlich, entgegen der öffentlichen Wahrnehmung, freiwillig wieder zurückfahren.
Der wahre Grund für Überdosierungen ist, dass Heroinabhängige auf einem illegalen Markt ihre Dosierungen lediglich schätzen können. Wenn sie Heroin mit ungewisser Konsistenz erwerben, kommen sie manchmal in Besitz von reinerem Heroin, an welches sie nicht gewöhnt sind. Sie spritzen sich dadurch mehr von der Droge, als sie eigentlich wünschen und setzen sich unfreiwillig eine Überdosis. Es ist die Ausschaltung des Drogenmarktes von Seiten der Regierung, welche diese Gefahr signifikant erhöht, während sie gleichzeitig behauptet, die Menschen davor zu beschützen.

Das eiserne Gesetz der Prohibition veranschaulicht, warum die Wirkkraft von Rauschmitteln im Falle einer Legalisierung abnehmen würde. Selbst wenn sich diese Annahme nicht bewahrheiten würde, ein legales Umfeld würde die Etablierung von Marken mit konsistenter Qualität der Substanz erlauben. Obwohl dies nicht die Gefahr des Heroingebrauchs eliminiert, würde die Möglichkeit einer Überdosierung signifikant verringert, da die Konsumenten ein besseres Wissen darüber hätten, was sie sich da eigentlich spritzen. Sogar im Fall so gefährlicher Substanzen wie Drogen, ist ein freier Markt die Politik, welche zu einem bestmöglichen Ergebnis führt.

[1] Thomas Sowell, Basic Economics: A Common Sense Guide to the Economy, 4th ed. (New York: Basic Books, 2007), p. 574.

[2] Martin Booth, Opium: A History (New York: St. Martin, 1999, 1996), p. 271.

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Aus dem Englischen übersetzt von Mathias Nuding. Der Originalbeitrag mit dem Titel How Legal, Branded Heroin Would Make Drugs Safer ist am 28.8.2016 auf der website des Mises-Institute, Auburn, US Alabama erschienen.

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Chris Calton ist Alumnus der Mises University alumnus und Wirtschaftshistoriker. Seinen Youtube-Kanal finden hier.

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Hinweis: Die Inhalte der Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Ludwig von Mises Institut Deutschland wieder.

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