Freiheit und Eigentum (Teil 3)

15.8.2016 – Der folgende Beitrag Freiheit und Eigentum von Ludwig von Mises wird hier in drei Teilen veröffentlicht. Ludwig von Mises hielt diese Rede während einer Konferenz der Mont Pelerin Society im Oktober 1958 an der Princeton University – hier finden Sie den englisch-sprachigen Originalbeitrag. Freiheit und Eigentum (Teil 1) wurde am 1. August, Freiheit und Eigentum (Teil 2) am 8. August veröffentlicht. (Aus dem Englischen übersetzt von Florian Senne).

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V.

Ludwig von Mises (1881 – 1973)

Die romantische Philosophie gab sich der Illusion hin, dass der Einzelne in der Frühzeit der Menschheit frei war und im Laufe der geschichtlichen Evolution diese Freiheit dann verloren ging. So glaubte Jean Jacques Rousseau, dass die Natur dem Mensch die Freiheit gegeben, und die Gesellschaft sie ihm später genommen hätte. Tatsächlich war der frühzeitliche Mensch jedem Stärkeren schutzlos ausgeliefert, der ihm einfach die kargen Mittel zum Überleben nehmen konnte. In der Natur gibt es nichts, das den Namen Freiheit verdient. Das Konzept der Freiheit bezieht sich immer auf soziale Beziehungen zwischen Menschen.

Es stimmt, dass die Gesellschaft das illusorische Konzept der kompletten Unabhängigkeit des Einzelnen nicht ermöglichen kann, denn in der Gesellschaft ist jeder abhängig davon, wie viel andere bereit sind, zu seinem Wohlergehen beizutragen, im Gegenzug dafür, was er zu ihrem Wohlergehen beiträgt. Denn die Gesellschaft besteht im Wesentlichen aus dem wechselseitigen Austausch von Dienstleistungen. Soweit Individuen die Wahlmöglichkeit haben, sind sie frei; wenn sie mit Gewalt oder Gewaltandrohung dazu gezwungen werden, an einem Austausch teilzunehmen, egal ob sie den Bedingungen zustimmen oder nicht, sind sie nicht frei. Der Sklave ist genau deswegen unfrei, weil sein Herr entscheidet, welche Aufgaben er zu erfüllen hat und was er dafür bekommt.

Was den gesellschaftlichen Apparat der Unterdrückung und des Zwangs, den Staat, angeht, so kann es keinerlei Zweifel bezüglich der Freiheit geben. Der Staat ist im Wesentlichen das Gegenteil von Freiheit. Er greift auf Gewalt und Gewaltandrohungen zurück, um alle Menschen dazu zu zwingen, seinem Willen zu gehorchen, egal ob sie wollen oder nicht. Im Zuständigkeitsbereich des Staates kann es nur Zwang geben, und keine Freiheit. Der Staat ist eine notwendige Institution, die für das reibungslose Funktionieren des Systems der gesellschaftlichen Zusammenarbeit sorgt und Störungen durch in- oder ausländische Gewalttäter verhindert.

Der Staat ist kein notwendiges Übel, wie manche sagen; er ist kein Übel, sondern ein Mittel, und zwar das einzig bekannte Mittel, um das friedliche Zusammenleben der Menschen zu ermöglichen. Aber er ist das Gegenteil von Freiheit. Er schlägt, sperrt ein und henkt. Was immer der Staat tut, wird letztendlich von Bewaffneten durchgesetzt. Wenn der Staat eine Schule oder ein Krankenhaus betreibt, werden die nötigen Mittel in Form von Steuern eingetrieben, zu deren Zahlung die Bürger gezwungen werden.

Wenn wir bedenken, dass es in Anbetracht der menschlichen Natur ohne einen funktionierenden staatlichen Zwangsapparat weder Zivilisation noch Frieden geben kann, so könnten wir den Staat als segensreichste menschliche Institution bezeichnen. Aber die Tatsache bleibt bestehen, dass der Staat Unterdrückung und nicht Freiheit bedeutet. Freiheit findet man nur in den Bereichen, in die sich der Staat nicht einmischt. Freiheit ist immer Freiheit vom Staat. Freiheit bedeutet weniger staatliche Einmischung. Sie existiert nur dort, wo den Menschen die Wahl bleibt, wie sie handeln möchten. Bürgerrechte schreiben dem Staat genau vor, wo und wie die staatlichen Akteure die Freiheit des Einzelnen einschränken dürfen.

Letztendliche wollen die Menschen mit der Einrichtung des Staates ein System zwischenmenschlicher Kooperation gemäß den Prinzipien der Arbeitsteilung ermöglichen. Wenn die Menschen sich für das Gesellschaftssystem namens Sozialismus (Kommunismus, Planwirtschaft) entscheiden, so bleibt keinerlei Freiheit übrig. Alle Bürger sind in allen Lebensbereichen den Diktaten des Staates unterworfen. Der Staat ist ein totaler Staat; das Regime ist totalitär. Der Staat alleine plant und zwingt alle, sich seinem speziellen Plan gemäß zu verhalten.

In der Marktwirtschaft steht es dem Einzelnen frei, sich gemäß seinen Wünschen in das System der gesellschaftlichen Zusammenarbeit einzubringen. In der Sphäre des freien Marktes gibt es spontanes Handeln Einzelner. Unter diesem System namens „laissez-faire“, das Ferdinand Lassalle auch als „Nachtwächterstaat“ bezeichnete, gibt es Freiheit, weil es Bereiche gibt, in denen der Einzelne die Freiheit hat, für sich zu planen.

Die Sozialisten sind gezwungen zuzugeben, dass es im Sozialismus keinerlei Freiheit geben kann. Sie versuchen allerdings, die Grenzen zwischen dem sklavenhaften Zustand und dem Zustand wirtschaftlicher Freiheit zu verwischen, in dem sie einfach nicht anerkennen, dass es im System des wechselseitigen Austauschs von Waren und Dienstleistungen irgendwelche Freiheiten gibt. Jeder Austausch im freien Markt ist „Zwang gegenüber anderer Leute Freiheit“, wie es eine Schule sozialistischer Anwälte behauptet hat. In ihren Augen gibt es keinerlei Unterschied zwischen einem Mann, der Steuern oder Strafen bezahlt und einem Mann, der eine Zeitung kauft oder den Eintrittspreis für einen Kinofilm bezahlt.

In all diesen Fällen sei der Mann herrschendem Zwang unterworfen. Er sei nicht frei, so Professor Hale, denn die Freiheit eines Mannes würde bedeuten, dass er „keinerlei Einschränkungen bezüglich der Nutzung materieller Ressourcen unterliegen würde“.[1] Das würde bedeuten: Ich bin nicht frei, da eine Frau, die einen Pullover gestrickt hat – vielleicht als Geburtstagsgeschenk für ihren Mann – mich in der Nutzung dieses Pullovers einschränkt. Ich selbst schränke die Freiheit aller anderen Menschen ein, weil ich ihre Nutzung meiner Zahnbürste einschränke. Indem ich das tue, übe ich laut dieser Doktrin privaten herrschaftlichen Zwang aus, der sich in nichts vom Zwang staatlicher Herrschaft unterscheidet, mit dem beispielsweise staatliche Behörden einen Mann in Sing Sing einsperren.

Die Verfechter dieser verblüffenden Doktrin kommen regelmäßig zu dem Schluss, dass Freiheit nirgendwo existiert. Sie behaupten, dass das, was sie „wirtschaftlichen Zwang“ nennen, sich nicht wesentlich von dem Zwang unterscheidet, den ein Herr gegenüber seinem Sklaven ausübt. Sie lehnen das, was sie als privaten herrschaftlichen Zwang bezeichnen, ab, aber sie haben nichts gegen Einschränkungen der Freiheit durch staatlichen Zwang. Sie wollen alle, wie sie es nennen, Einschränkungen der Freiheit in der Hand des Staates konzentrieren. Sie greifen die Institution des Privateigentums und die Gesetze an, die, wie sie sagen, „dazu dienen, Eigentumsrechte zu verteidigen und so Menschen die Freiheit verweigern, auf irgendeine Art und Weise zu handeln, die diese Rechte verletzt“.[2]

Vor einer Generation haben alle Hausfrauen Suppen auf die Art und Weise zubereitet, die ihnen von ihren Müttern überliefert wurde oder die sie in einem Kochbuch gelesen hatten. Heutzutage kaufen manche Hausfrauen lieber Dosensuppe, die sie erwärmen und ihren Familien servieren. Aber laut den Herren Anwälten befindet sich die Suppenfirma in einer Position, in der sie die Freiheit der Hausfrauen einschränkt, weil sie einen Preis für die Dosen verlangt und so ihre freie Nutzung der Dosen verhindert. Menschen, die nicht das Privileg genossen haben, von diesen weisen Lehrern unterrichtet zu werden, könnten einwenden, dass die Dosen von der Suppenfirma produziert worden sind und diese so das größte Hindernis ihrer Nutzung aus der Welt geschafft hat, nämlich ihre Nichtexistenz.

Die reine Idee eines Produktes, ohne dessen Existenz, kann niemandes Wünsche befriedigen. Aber sie haben Unrecht, sagen die Anwälte. Die Suppenfirma beherrscht die Hausfrauen, sie zerstört durch ihre exzessive Machtkonzentration gegenüber der individuellen Freiheit der Hausfrauen, und es ist die Pflicht des Staates, dieses unsägliche Verbrechen zu verhindern. Firmen, die sich zum Beispiel unter der Kontrolle der Ford-Stiftung befinden, müssen der Kontrolle des Staates unterworfen werden, sagt ein anderes Mitglied dieser Gruppe, Professor Berle.[3]

Warum kauft die Hausfrau lieber das Dosenprodukt, anstatt die Suppen nach Art ihrer Mutter und Großmutter zuzubereiten? Zweifellos weil sie glaubt, die neue Methode sei für sie vorteilhafter als die althergebrachte. Niemand hat sie gezwungen. Einige Menschen – man nennt sie Aktienhändler, Werbeleute, Kapitalisten, Spekulanten – hatten die Idee, den unbewussten Wunsch von Millionen Hausfrauen zu erfüllen, indem sie in die Dosennahrungsindustrie investiert haben. Und es gibt weitere egoistische Kapitalisten, die Millionen von Konsumenten mittels hunderter anderer Firmen mit hunderten anderen Waren versorgen. Je mehr eine Firma der Öffentlichkeit nutzt, desto mehr Kunden gewinnt sie und desto stärker wächst sie. Gehen Sie in das Haus einer amerikanischen Durchschnittsfamilie und sie werden sehen, für wen die Industrie produziert.

In einem freien Land wird niemand daran gehindert, Reichtümer zu erwerben, indem er den Konsumenten noch besser dient als andere. Er braucht lediglich Intelligenz und harte Arbeit. Laut Edwin Cannan, dem letzten in einer langen Reihe angesehener britischer Ökonomen, „basiert die moderne Zivilisation, praktisch jede Zivilisation, auf dem Prinzip, das Leben für diejenigen angenehm zu machen, die es schaffen, den Markt zufriedenzustellen, und unangenehm für diejenigen, die das nicht schaffen“.[4] All das Gerede über Konzentration wirtschaftlicher Macht ist sinnlos. Je größer eine Firma ist, je mehr Menschen sie dient, desto abhängiger ist sie davon, die unzähligen Konsumenten, die Massen zufriedenzustellen. Die wirtschaftliche Macht liegt in der Marktwirtschaft in den Händen der Konsumenten.

Kapitalistisches Wirtschaften bedeutet keinesfalls Verharren im einmal erreichten Zustand der Produktion. Es bedeutet vielmehr unaufhörliche Innovation, täglich wiederholte Versuche, die Konsumenten mit neuen, besseren und billigeren Produkten zu versorgen. Jeder gegenwärtige Produktionszustand ist lediglich vorübergehend. Es herrscht ständig die Tendenz, das einmal Erreichte durch Besseres zu ersetzen. Im Kapitalismus gibt es eine ständige Zirkulation der Eliten. Ein Charakteristikum der Topmanager ist die Fähigkeit, neue Ideen zu entwickeln und umzusetzen. Wie groß auch immer eine Firma ist, sie ist zum Scheitern verurteilt, sobald sie nicht mehr täglich ihre Methoden so verändert, dass sie den Konsumenten bestmöglich dient.

Aber die Politiker und andere Möchtegernreformer erfassen nur die gerade bestehende Industriestruktur. Sie glauben, sie seien schlau genug, den Geschäftsleuten die Kontrolle über die Industrie, wie sie jetzt gerade besteht, zu entreißen, und sie dann mit etablierter Routine zu verwalten. Während der ambitionierte Newcomer, der Tycoon von morgen, schon Dinge vorbereitet, von denen heute noch niemand weiß, denken sie lediglich daran, die Dinge so weiter zu betreiben wie in der Vergangenheit. Es gibt in der ganzen Geschichte keine industrielle Innovation, die von Bürokraten erdacht und umgesetzt wurde. Wenn man nicht in Stagnation verharren will, müssen diejenigen, die heute noch niemand kennt und die die Genialität besitzen, die Menschheit voranzubringen, freie Hand haben, bessere Bedingungen für alle zu schaffen. Das ist das Hauptproblem der wirtschaftlichen Organisation eines Landes.

Privatbesitz der Produktionsmittel ist keine Einschränkung der Freiheit aller anderen Menschen, das Beste für sich selbst zu wählen. Es ist im Gegenteil das Mittel, das dem normalen Menschen in seiner Eigenschaft als Käufer die Herrschaft in allen wirtschaftlichen Dingen überträgt. Es ist das Mittel, die besten Unternehmer eines Landes dazu zu motivieren, ihre Fähigkeiten bestmöglich im Dienste aller Menschen einzusetzen.

VI.

Es reicht jedoch nicht aus, die dramatischen Umwälzungen, die der Kapitalismus für die Lebensumstände des Durchschnittsbürgers mit sich gebracht hat, zu beschreiben, indem man lediglich seine Marktdominanz in der Rolle des Konsumenten, seine Dominanz des Staates in der Rolle des Wählers und die nie dagewesene Verbesserung seiner Lebensumstände betrachtet. Nicht weniger wichtig ist die Tatsache, dass es ihm der Kapitalismus ermöglicht hat, zu sparen, Kapital zu akkumulieren und zu investieren. Der Graben, der in der vorkapitalistischen Kastengesellschaft die Landbesitzer von den besitzlosen Armen trennte, ist wesentlich schmäler geworden. In früheren Zeiten verdiente der einfache Arbeiter so wenig, dass Sparen fast unmöglich war, und wenn er es trotzdem schaffte, konnte er nichts anderes tun, als ein paar Münzen zu horten.

Im Kapitalismus ist Sparen auch für den Durchschnittsbürger möglich, und es gibt Einrichtungen, die ihm auch das Investieren in Firmen ermöglichen. Ein nicht unerheblicher Teil des in amerikanischen Firmen investierten Kapitals besteht aus Ersparnissen der Arbeiter. Indem sie Sparguthaben, Versicherungen, Anleihen und Aktien erwerben, können Arbeiter und Angestellte selbst Zinsen und Dividenden erwirtschaften und so, in der Sprache des Marxismus, zu Ausbeutern werden. Dem Durchschnittsbürger ist das Gedeihen der Wirtschaft nicht nur in seiner Rolle als Konsument und Angestellter wichtig, sondern auch als Investor.

Es existiert eine gewisse Tendenz, die einst scharfen Unterschiede zwischen den Besitzern der Produktionsmittel und den Nichtbesitzern einigermaßen verschwinden zu lassen. Dieser Trend ist natürlich nur dort möglich, wo die Marktwirtschaft nicht von angeblich sozialer Politik sabotiert wird. Der Wohlfahrtsstaat mit seinen Methoden des lockeren Geldes, der Kreditexpansion und der offenen Inflationierung entwertet regelmäßig alle Forderungen, die im gesetzlichen Zahlungsmittel des jeweiligen Landes zahlbar sind.

Die selbsternannten Beschützer der Durchschnittsbürger lassen sich immer noch von der veralteten Vorstellung leiten, dass eine Politik, die die Schuldner den Gläubigern bevorzugt, segensreich für die Mehrheit der Leute sei. Ihre Unfähigkeit, die wesentlichen Merkmale der Marktwirtschaft zu verstehen, zeigt sich auch darin, dass sie die offensichtliche Tatsache übersehen, dass diejenigen, denen sie vorgeblich helfen, auch Gläubiger in ihrer Funktion als Sparer, Versicherungsnehmer und Anleihegläubiger sind.

VII.

Das charakteristische Merkmal der westlichen Sozialphilosophie ist der Individualismus. Er zielt darauf ab, einen Bereich zu schaffen, in dem das Individuum frei denken, wählen und handeln kann, ohne von der Gesellschaft oder vom Zwangsapparat des Staates behindert zu werden. Alle geistigen und materiellen Errungenschaften der westlichen Zivilisation sind das Ergebnis der Verwirklichung dieser Vorstellung von Freiheit.

Diese Doktrin und die Politik des Individualismus und des Kapitalismus und ihre Umsetzung in den Bereichen der Wirtschaft benötigen keine Fürsprecher und Propagandisten. Die Ergebnisse sprechen für sich.

Die Sache des Kapitalismus und des Privateigentums wird unter anderem auch durch die unerreichte Effizienz seiner wirtschaftlichen Unternehmungen verteidigt. Diese Effizienz macht es möglich, dass die kapitalistische Wirtschaft eine schnell wachsende Bevölkerungszahl bei ständig steigendem Lebensstandard ernähren kann. Der daraus folgende stetig wachsende Wohlstand der Massen sorgt für ein gesellschaftliches Umfeld, im dem die besonders begabten Individuen die Möglichkeit haben, ihren Mitmenschen alles zu geben, was sie möchten. Das Gesellschaftssystem des Privateigentums und des schlanken Staates ist das einzige System, dass all diejenigen mit der entsprechenden Veranlagung weiter zivilisiert.

Es ist ein müßiges Unterfangen, die materiellen Errungenschaften des Kapitalismus verächtlich zu machen, indem man feststellt, es gäbe für die Menschheit Wichtigeres als schnellere Autos, Häuser mit Zentralheizung, Klimatisierung, Kühlschränke, Waschmaschinen und Fernseher. Solche höheren und edleren Ziele gibt es sicher. Aber sie sind höher und edler, gerade weil sie nicht durch äußere Einwirkung erreicht werden können, sondern nur durch persönliche Anstrengung und Entschlossenheit. Diejenigen, die solche Kritik gegen den Kapitalismus vorbringen, lassen eine recht grobe und materialistische Weltsicht erkennen, indem sie annehmen, moralische und spirituelle Ziele seien entweder durch den Staat oder durch die Organisation der Produktionsstruktur zu erreichen. Die externen Faktoren können diesbezüglich lediglich für eine passende Umgebung sorgen und den Einzelnen befähigen, an der Vervollkommnung seiner Persönlichkeit zu arbeiten.

Es ist nicht die Schuld des Kapitalismus, dass die Massen sich lieber einen Boxkampf anschauen als eine Aufführung von Sophokles` Antigone, dass sie lieber Jazzmusik als Symphonien von Beethoven hören und lieber Comics als Poesie lesen. Aber während vorkapitalistische Bedingungen, wie sie immer noch in weiten Teilen der Welt die Regel sind, diese Dinge nur für eine kleine Minderheit verfügbar machen, bietet der Kapitalismus den Massen zumindest die entsprechenden Möglichkeiten.

Wie auch immer man den Kapitalismus betrachtet – es gibt keinen Grund, der angeblich guten alten Zeit nachzutrauern. Und noch weniger Grund gibt es, sich nach totalitären Utopien zu sehnen, egal ob in der Nazi- oder der Sowjetvariante.

Heute eröffnen wir das neunte Treffen der Mont Pelerin Society. Es ist passend, bei dieser Gelegenheit festzustellen, dass Treffen wie dem unseren, bei dem Meinungen geäußert werden, die nicht der zeitgenössischen Mehrheitsmeinung und der Meinung des Staates entsprechen, nur im Klima der politischen Freiheit möglich sind. Dies ist das wertvollste Merkmal der westlichen Zivilisation. Lassen Sie uns hoffen, dass uns dieses Recht auf abweichende Meinungen nie genommen wird.

[1] Robert L. Hale, Freedom Through Law, Public Control of Private Governing Power (New York: Columbia University, 1952), Seiten 4 ff.
[2] Ebenso, Seite 5.
[3] A.A. Berle, Jr., Economic Power and the Free Society, a Preliminary Discussion of the Corporation (New York: The Fund for the Republic, 1954).
[4] Edwin Cannan, An Economist`s Protest (London, 1928), Seiten VI ff.

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Ludwig von Mises, geb. 1881 in Lemberg, war der wohl bedeutendste Ökonom und Sozialphilosoph des 20. Jahrhunderts. Wie kein anderer hat er die (wissenschafts)theoretische Begründung für das System der freien Märkte, die auf unbedingter Achtung des Privateigentums aufgebaut sind, und gegen jede Form staatlicher Einmischung in das Wirtschafts- und Gesellschaftsleben geliefert. Seine Werke sind Meilensteine der Politischen Ökonomie. Das 1922 erschienene “Die Gemeinwirtschaft” gilt als erster wissenschaftlicher und umfassender Beweis für die “Unmöglichkeit des Sozialismus”. Sein Werk “Human Action” (1949) hat bei amerikanischen Libertarians den Rang einer akademischen “Bibel”. Mises war Hochschullehrer an der Wiener Universität und Direktor der Österreichischen Handelskammer. Ab 1934 lehrte er am Institut des Hautes Etudes in Genf. 1940 Übersiedlung nach New York, wo er nach weiteren Jahrzehnten der Lehr- und Gelehrtentätigkeit 1973 im Alter von 92 Jahren starb.

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