Die Wahrheit über den China-Boom

16.10.2015 – von Yonathan Amselem.

Letztes Jahr versetzte der Internationale Währungsfonds (IWF) die Welt mit einer Studie in Staunen, Chinas Wirtschaft würde die der USA an Größe und Produktivität übertreffen, sowohl gemessen am BIP zu laufenden Wechselkursen, als auch an dem nach Kaufkraftparitäten. Das chinesische Volk produzierte mehr Güter und schuf mehr Kaufkraft zu deren Anschaffung – ein klassischer Indikator für Wohlstand.

Gleichzeitig verdoppelte sich gegenüber Oktober 2014 der Wert der des Composite Index der Börse Shanghai. Dieses explosionsartige Wachstum ging einher mit einem post-rezessiven Boom in der Bauwirtschaft, wie ihn die Welt noch nie gesehen hat. Allein in den drei Jahren von 2011 bis 2013 verbrauchte die Wirtschaft Chinas mehr Zement als die USA im gesamten zwanzigsten Jahrhundert. Während der vergangenen fünfzehn Jahre galt quer über das gesamte politische Spektrum das Narrativ eines Aufstiegs Chinas zur Supermacht, der Amerikas wirtschaftlichen und kulturellen Einfluss in der Welt herausfordert. Der staatlich gelenkte „rote Kapitalismus“ Chinas wurde als Vorbild bewundert und sogar nachgeahmt.

Allerdings beobachten wir jetzt in 2015, wie der chinesische Aktienmarkt einbricht – trotz der verzweifelten Versuche der chinesischen Zentralbank, Liquidität bereitzustellen – durch staatlich verbürgte Kredite und Anleihen. Seit Mitte Juni haben chinesische Aktien mehr als 30% an Wert verloren, trotz massiver staatlicher Käufe von Aktien kleiner und mittlerer Unternehmen durch die Chinas Security Finance Corporation.

Aber eigentlich sollten all diese Ereignisse niemanden überraschen. Chinas beeindruckender Aktienboom war nicht Ausdruck eines Wachstums realer Werte oder der Produktivität zugrundeliegender Aktiva. Vielmehr speiste sich der Boom hauptsächlich aus einer durch die Zentralbank erzeugten Schulden-Kaskade.

Chinas Immobilienblase

Ähnlich der haussierenden chinesischen Börse wurde auch der zuvor nie dagewesene Bauboom im Wesentlichen durch billige Kredite der Zentralbank Chinas finanziert. Neue Appartmenthäuser, Straßen, Vorstädte, Bewässerungs- und Abwassersysteme, Parkanlagen und Gewerbezentren wurden nicht von privaten Kreditgebern und Unternehmern gebaut, die knappe Ressourcen so lenken und leiten, um die Wünsche von Konsumenten bestmöglich zu befriedigen. Sie wurden vielmehr von einem „freundschaftlichen“ Verbund, bestehend aus Zentralbankbeamten, Politikern und gut vernetzten Privatunternehmen erstellt.

Fast siebzig Millionen Luxusappartments stehen leer und es entstand eine Reihe von “Geisterstädten”, die für Millionen von Menschen gebaut wurden, tatsächlich aber nur von wenigen Tausend bewohnt werden. Zur Jahrhundertwende lag der Schuldenstand der chinesischen Wirtschaft bei einer Billionen USD. Nur fünfzehn Jahre und einige Geisterstädte später ist der Schuldenstand auf unglaubliche 25 Billionen USD explodiert. Wir beobachten derzeit auf den Märkten Chinas den Todeskampf einer Wirtschaft, die nach Einschätzung der Kapitalmärkte schlicht und einfach nicht produktiv genug ist, um einen derartigen Schuldenstand zu tragen.

Das BIP und andere groben ökonomische Indikatoren täuschen

Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) soll eigentlich den Wert aller Transaktionen innerhalb eines bestimmten Gebietes darstellen. Allerdings bietet dieser Indikator sehr wenig nützliche oder zuverlässige Informationen über den tatsächlichen Lebensstandard eines Landes. Das BIP wird künstlich aufgeblasen durch Schätzungen wie beispielsweise den Wert, den ein Hausbesitzer daraus bezieht, dass er keine Miete zu zahlen braucht. Das BIP enthält obendrein Staatsausgaben – z.B. wenn ein Ministerium neue Computer kauft. Doch beansprucht diese Transaktion lediglich Arbeit und Rohmaterialien, die andernfalls direkt Konsumentenbedürfnisse nach neuen Gütern befriedigt hätte. Staatsausgaben sind nicht einfach nur “neutral”, sie sind explizit destruktiv. Käufe und Verkäufe des Staates funktionieren nicht nach denselben Regeln wie sie für andere Marktakteure gelten. Entsprechend sollten wir BIP-Statistiken von Ländern, die in Ausgaben nur so schwimmen, die über die Notenpresse finanziert und ohne jegliche Marktsignale erfolgten, mit größter Vorsicht genießen.

Die Studie des IWF und all diejenigen, die sie für bare Münze nahmen, verließen sich im wesentlichen auf diese BIP-Berechnungen, als sie zu ihren erstaunlichen Erkenntnissen über Chinas Wirtschaftswachstum gelangten. Die Volkswirtschaften Chinas und der USA anhand eines derart groben Indikators wie dem BIP zu vergleichen, ähnelt dem Versuch, die Leistungen eines Athleten durch Messung des Schweißflusses festzustellen. Worin besteht die Aussgekraft eines undifferenzierten Indikators wie das BIP, wenn ein Land Unternehmen wie Google, Boeing, Costco und General Electric hervorbringt und ein anderes leerstehende Wohnungen baut? Zum Kummer der Keynesianer sind nicht alle Ausgaben gleich(wertig).

Vor nicht langer Zeit wurden wir noch geplagt, nicht von diesem “roten Kapitalismus”, sondern vom Kommunismus der Sowjetunion. Vor ungefähr fünfzig Jahren brabbelte die herrschende Ökonomie unermüdlich über das aufsteigende sowjetische Kraftwerk. Die zentralgeplante Wirtschaft der Sowjetunion – so die allgemeine Überzeugung – unterliege nicht den Ineffizienzen und Hemmklötzen des chaotischen und durch Zufälle geprägten Systems des US-Kapitalismus, das dem einen eine Villa verschafft und den anderen in den Konkurs treibt. Das weit verbreitete Lehrbuch “Economis: An Introductory Analysis” vom Nobelpreisträger Paul Samuelson prognostizierte, dass die Sowjetwirtschaft, ausgehend von etwa dem halben Niveau von dem der USA, bis 1984 (bestimmt aber bis 1997) die der USA überholen würde. Die Sowjetunion zerfiel.

Solange Experten sich auf grobe Indikatoren verlassen, sollten wir uns nicht wundern, wenn sie daneben liegen. Die Federal Reserve der USA entfachte in den Jahren 2001 bis 2007 durch künstlich niedrige Zinsen einen künstlichen Boom und hat nun von neuem damit angefangen. Aufgrund der irreführenden Signale durch die FED investierten Unternehmen hunderte von Milliarden USD in kapitalintensive Projekte, hauptsächlich im Wohnungsmarkt. Wir bezahlten diesen Boom mit Millionen verlorener Arbeitsplätze, sowie verschwendeter Arbeit und Ressourcen. Die Zentralbank Chinas hat von diesem katastrophalen Experiment der FED nichts gelernt. Sie wird den selben Erfolg ernten.

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Aus dem Englischen übersetzt von Dr. Bernhard Pieper. Der Originalbeitrag mit dem Titel The Reality Behind the Numbers in China’s Boom-Bust Economy ist am 2.10.2015 auf der website des Mises-Institute, Auburn, US Alabama erschienen.

Foto-Startseite: © klublu – Fotolia.com

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Yonathan Amselem ist „Asset Protection“-Anwalt in Washington, D.C.

 

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